CO2-Ausstoß der Bundestagsflotte Großes Schweigen im FDP-Taxi-Krieg

  • von Hans Peter Schütz
Es ist den Liberalen wohl peinlich, dass sie Berlins Taxifahrer verunglimpft haben. Sie schweigen nun. Und lassen sich weiter in den Dreckschleudern der Bundestagsfahrbereitschaft kutschieren.

Die Anfrage bei Jörg van Essen, dem Parlamentarischen Geschäftsführer der FDP-Fraktion, blieb unbeantwortet. Er wolle sich nicht äußern, hieß es. Der Anruf beim Taxiverband Berlin Brandenburg e.V. führte ebenfalls zu nichts. Großes Schweigen. Anscheinend hat keine Seite Bedarf, sich weiter über die Leistungsfähigkeit der Berliner Droschkenfahrer zu fetzen. Aber dazu gibt es ja auch persönlich Gelegenheit. Nämlich dann, wenn ein liberaler Abgeordneter - versehentlich oder notgedrungen - mal wieder in ein Taxi steigt.

Es war schließlich starker Tobak, was aus der jüngsten Sitzung des Ältestenrates des Bundestags drang. Diskutiert wurde die Frage, ob die Abgeordneten nicht auch gelegentlich auf ein Umwelt-Taxi zurückgreifen könnten, statt die schweren Limousinen der parlamentarischen Fahrbereitschaft zu nutzen. Das wurde abgelehnt. Erstens, weil sich die Berliner Taxifahrer angeblich nicht so gut im Regierungsviertel auskennen würden. Und zweitens, weil vor allem FDP-Vertreter darüber klagten, "dass Taxifahrer oftmals dazu neigten, Belehrungen politischer Art abzugeben." So berichtete es jedenfalls die Grüne Bärbel Höhn der "Hannoverschen Allgemeinen Zeitung". Höhn ist Mitglied im Ältestenrat. Ebenso wie Jörg van Essen.

Union und FDP pfeifen aufs Klima

Der Anlass der Taxifahrer-Debatte ist indes nicht weniger peinlich als die Taxifahrer-Debatte selbst. Eigentlich ging es nämlich um den CO2-Ausstoß der Fahrbereitschaft des Bundestags. Sie umfasst 35 dunkel lackierte Limousinen der gehobenen Mittelklasse, also vom Kaliber Mercedes 230, 5er BWM oder Audi A6, weitere Wagen können jederzeit über einen externen Dienstleister angemietet werden. Schon im Jahr 2009 war auf Antrag der Grünen beschlossen worden, diesen Fuhrpark wenigstens ein bisschen umweltfreundlicher zu machen. Mehr als 120 Gramm CO2 pro Kilometer sollten die Autos im Jahr 2012 nicht ausstoßen dürfen. Dann geschah jahrelang nichts, und nun stellte der Ältestenrat wenig überraschend fest, dass dieses Ziel nicht erreicht wurde. Statt nun einen Plan zu entwerfen, wie der Fuhrpark umgebaut werden kann, vollführten die Politiker von Union und FDP, die den Ältestenrat dominieren, eine klimapolitische Rolle rückwärts. In ihrem Beschluss hielten sie fest, dass die Wagen künftig einen Ausstoß von weniger als 140 Milligramm CO2 pro Kilometer haben sollen. Wohlgemerkt: "sollen". Ein Wunsch, der zu nichts verpflichtet.

Bundestagspräsident Norbert Lammert, der ranghöchste Unionspolitiker im Ältestenrat, hatte sich auf eine Anfrage bis Redaktionsschluss nicht geäußert. Die Oppositionsparteien jedoch taten es gerne. Bärbel Höhn sagte stern.de: "Es ist enttäuschend, dass der Bundestag die selbstgesetzten Klimaziele für den Fahrdienst nicht einhält. Für die kurzen Fahrten der Abgeordneten in Berlin sollte der Umstieg auf kompaktere Fahrzeuge kein Problem sein. Manchen Abgeordneten scheint der Abschied von den großen Dienstlimousinen sehr schwer zu fallen." Und Thomas Oppermann, Parlamentarischer Geschäftsführer der SPD-Fraktion und ebenfalls Mitglied im Ältestenrat, stichelte in Richtung FDP: "Wir Sozialdemokraten freuen uns auch über jedes Gespräch mit Taxifahrern."

Spott auf Twitter

Natürlich ist der Beschluss auch für die Linkspartei politisch ein gefundenes Fressen. Als Haltungsnote für die Liberalen würde er "eine glatte 5" vergeben, sagte Ulrich Maurer, geschäftsführender Vorstand der Fraktion der Linkspartei, zu stern.de. "Ökologische Kriterien bei den Autos des Bundestages aufzuweichen, weil man Angst vor Kontakt mit dem Volk in Gestalt von Taxifahrern hat - auf so was kommt wirklich nur die FDP."

Auf Twitter grassiert der Spott ebenfalls in nicht unerheblicher Stückzahl: Die FDP hat Angst vor Debatten mit Taxifahrern - was für ein Witz. Von offizieller Seite, also über die Twitter-Accounts von Partei und Fraktion, folgte bislang keine Reaktion. Allein der liberale Haushaltspolitiker Otto Fricke wagte ein Statement. Das immerhin ist kurz und klug: "Das Beste in Berlin ist übrigens eine fußläufige Wohnung. Spart Taxi oder Fahrdienst."

Mitarbeit: Lutz Kinkel