Der Bereitschaftsdienst des Personals in deutschen Krankenhäusern muss in vollem Umfang als Arbeitszeit anerkannt werden. Das entschied der Europäische Gerichtshof in Luxemburg am Dienstag im Falle eines Kieler Klinikarztes. Die gesamte Bereitschaftsdauer sei Arbeitszeit, auch wenn der Betroffene zeitweise gar nicht in Anspruch genommen wird. Entscheidend sei, dass der Arzt im Krankenhaus zur Verfügung stehen müsse. Der Aufenthalt in einem Ruheraum ändere daran nichts. Derzeit müssen Klinikärzte nach der regulären Schicht häufig Nachtbereitschaften auf sich nehmen, die aber nicht komplett als Arbeitszeit gerechnet werden.
Der "Marburger Bund", der die deutschen Krankenhausärzte vertritt, bewertete das Urteil als "großartigen und historischen Sieg für die deutschen Klinikärzte". Arbeitsminister Wolfgang Clement (SPD) müsse nun umgehend das Arbeitszeitgesetz an europäisches Recht angleichen, forderte der Vorsitzende des Verbandes, Frank Ulrich Montgomery.
15.000 neue Ärzte benötigt?
Nach Berechnungen des Verbandes müssen nach einer entsprechenden Gesetzesänderung rund 15.000 zusätzliche Ärzte in den Krankenhäusern eingestellt werden. Hierfür müsse das Klinikbudget um rund eine Milliarde Euro erhöht werden.
Es ist nach den Worten Montgomerys "blamabel, dass die Bundesregierung zu einer Gesetzesänderung erst juristisch gezwungen werden muss, obwohl es bereits vor drei Jahren ein ähnliches EuGH- Urteil gab". Zudem habe das Bundesarbeitsgericht bereits zwei Mal die Bundesregierung aufgefordert, das deutsche Arbeitszeitgesetz an europäische Richtlinien anzugleichen.