Top-Beamtin in der Kritik "Werkzeugkasten" mit Steuertipps für die Superreichen? Finanzministerium zieht Konsequenzen

Das Bundesfinanzministerium in Berlin
Das Bundesfinanzministerium in Berlin
© Jürgen Ritter / Imago Images
Wirbel nach einer ZDF-Doku: Eine Referatsleiterin des Bundesfinanzministeriums soll Superreichen auf einer Veranstaltung Hinweise zur Steuervermeidung gegeben haben. Die Behörde zieht nun Konsequenzen. 

Das Bundesfinanzministerium überprüft seine Verhaltensregelungen für Nebentätigkeiten von Beamtinnen und Beamten. Hintergrund ist die ZDF-Dokumentation "Die geheime Welt der Superreichen – Das Milliardenspiel", in der unter anderem über eine hochrangige Beamtin berichtet wird, die als Rednerin an einer Veranstaltung teilgenommen haben soll, auf der Tipps zur Vermeidung von Steuern präsentiert wurden. Es handele sich um eine langjährige Referatsleiterin des Finanzministeriums, erklärte eine Sprecherin am Dienstag. "Derzeit werden mögliche dienstrechtliche Konsequenzen geprüft." Zudem habe Minister Christian Lindner (FDP) eine Überprüfung der Verhaltensregeln in Auftrag gegeben.

Nebentätigkeiten müssten dem Ministerium als Arbeitgeber angezeigt werden und seien in vielen Fällen auch genehmigungspflichtig, erklärte die Sprecherin. Es gebe Begrenzungen bei Zeit und Vergütung.

Beamtin soll Superreichen "Werkzeugkasten" zur Steuervermeidung angeboten haben

Der Recherche des ZDF zufolge informierte die Beamtin bei der Veranstaltung unter anderem über hochaktuelle Reformpläne, die Steuervermeidung erschweren könnten – und das, obwohl sie einem Hinweis auf der Veranstaltung zufolge "nicht in dienstlicher Eigenschaft" sprach. Dabei habe sie den Steuerfachleuten gesagt, sie könnten ihre Mandanten "beruhigen". In der Dokumentation wird sie wie folgt zitiert: "Wir haben ja Werkzeugkästen, jedenfalls habe ich eine ganze Menge. Da bin ich mir hundertprozentig sicher, dass Sie insofern ruhig schlafen können. Es kann ja nicht sein, dass plötzlich am 1.1. die Einnahmen sprudeln. Ich sehe alle Finanzminister mit Talerchen in den Augen wie Dagobert Duck, das kann nicht sein. Da können Sie Ihre Mandanten beruhigen."

Grüne und SPD verlangen Konsequenzen für die Spitzenbeamtin und wirksame Verhaltensregeln, der grüne Haushaltspolitiker Bruno Hönel forderte im "Tagesspiegel" ihren Rauswurf.

Steuerkanzlei lud zur Veranstaltung ein

Wie "Capital" berichtet, hatte zu der Veranstaltung mit dem Titel "Betreuung privater Vermögen und Familienunternehmen 2023“ eine Kanzlei für Steuerrecht und Wirtschaftsrecht eingeladen. Der erste Tag konzentrierte sich auf "aktuelle nationale Entwicklungen in Gesetzgebung, Verwaltung und Rechtsprechung sowie auf ausgewählte Praxisfälle zu der steuerlichen und juristischen Beratung von Private Clients und Familienunternehmen". Am zweiten Tag ging es unter anderem um steuerliche Fragen rund um den Brexit sowie Krypto-Kunst. Geworben wurde dafür auch auf der Karriereplattform Linkedin – unter anderem mit dem "außergewöhnlichen Teilnehmerkreis" und einem Abendessen mit Trigema-Inhaber Wolfgang Grupp.

In den Vorträgen ging es laut ZDF um legale Steuersparmodelle für Hochvermögende wie sogenannte Cash-Boxen, Familienstiftungen und Zwischen-GmbHs. Ziel von Veranstaltungen wie diesen sei es, "schädliches Vermögen" zu vermeiden. Gemeint ist damit Vermögen, auf das Abgaben wie etwa die Schenkungsteuer anfallen.

"Bei aggressiver Steuergestaltung, insbesondere unter Zuhilfenahme grenzüberschreitender internationaler Strukturen, kann man bei Gesamtsteuerbelastungen von bis zu einem Prozent oder weniger landen", sagt ein anonymer Steuerberater für Superreiche gegenüber dem Fernsehteam. In dieser "Steuervermeidungsindustrie" bekämen Berater Stundensätze zwischen 400 bis 900 Euro.

DPA
rös