Gesetzentwurf Stalking soll Straftat werden

Sie verfolgen penetrant eine bestimmte Person, terrorisieren sie mit Anrufen oder SMS. Meistens ist es der Ex-Partner. Jetzt soll Stalking eine Straftat werden.

Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) hofft, dass das Gesetz zum Schutz vor hartnäckigen Nachstellungen und Belästigungen noch dieses Jahr endgültig beschlossen wird. Künftig solle Stalking mit bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe geahndet werden können. Zur Frage nach der Bedeutung des Gesetzes erklärte sie. „Das Wichtigste scheint mir zu sein, dass die Polizei die Rechtslage stärker begreift als Auftrag zur Verfolgung, zum Ernstnehmen, zum jeweils Einschreiten.“ Mit dem neuen Gesetz werde es für die Polizei eine Selbstverständlichkeit, Stalking genauso wie etwa einen Diebstahl zu verfolgen.

Je ein Anti-Stalking-Gesetzentwurf der Bundesregierung und des Bundesrats standen am Nachmittag zur ersten Lesung auf der Tagesordnung des Bundestages. Beide machen systematische Nachstellungen und Belästigungen zu einer Straftat. Während der Regierungsentwurf dies mit bis zu drei Jahren Haft ahnden will, sieht die Länderkammer in besonders schweren Fällen, etwa bei Misshandlungen oder schweren Gesundheitsschäden, bis zu zehn Jahren Haft vor.

Stalking kein Kavaliersdelikt

Die einzelnen Formen des Stalking sind in beiden Entwürfen genau beschrieben. In den zuständigen Ausschüssen des Bundestages sollen die Konzepte jetzt zu einem Gesetz zusammengeführt werden. Die bayerische Justizministerin Beate Merk appellierte an die Abgeordneten, sich auf ein effektives Gesetz zu einigen. In einer Erklärung warb Merk für die von Bayern ins Gespräch gebrachte Deeskalationshaft. Danach soll die Polizei einen Stalker für eine gewisse Zeit in Gewahrsam nehmen können, um die Spirale der Bedrohungen rechtzeitig zu unterbrechen, bevor es zur Katastrophe kommt.

Merk forderte zusätzlich Fortbildung für die Strafverfolger sowie Therapie für die Täter. Strafrecht sei kein Allheilmittel, und kein Gesetz könne absolute Sicherheit schaffen. Die Unionspolitikerinnen Ursula Heinen und Ute Granold äußerten die Erwartung, dass die Einstufung von Stalking als Straftat Signalwirkung haben werde. Die fortgesetzte Verfolgung, Belästigung und Bedrohung einer Person dürfe nicht als Kavaliersdelikt angesehen werden. Beide Parlamentarierinnen kündigten an, sich für eine Expertenanhörung zu den Gesetzentwürfen stark zu machen. Die Opferschutzorganisation "Weißer Ring" nannte das Gesetz dringend notwendig. Allerdings müsse auch den oft schwer geschädigten Opfern geholfen werden.

Stalking bedeutet "heranpirschen"

Unter Berufung auf eine empirische Stalking-Studie der TU Darmstadt berichtete der "Weiße Ring", dass sich nur gut ein Drittel der Betroffenen an die Polizei wenden, um Anzeige zu erstatten. In 69 Prozent der Fälle hätten die Opfer Schwierigkeiten, der Polizei den Ernst ihrer Situation zu vermitteln. 80 Prozent der Opfer beurteilten die polizeilichen Maßnahmen als nicht ausreichend oder unangemessen. Opfer von Stalking werden der Untersuchung zufolge im Durchschnitt 28 Monate lang gepeinigt. Nachstellungen fänden meist zwischen Ex-Partnern statt: Für 49 Prozent der Fälle treffe dies zu. In neun Prozent der Fälle sei der Stalker ein Fremder. 81 Prozent der Stalker seien Männer. Die Auswirkungen auf die Opfer seien erheblich. Zwei Drittel litten an Schlafstörungen und Albträumen, 92 Prozent unter Angstzuständen. In den meisten Fällen hielten die Symptome an, selbst wenn die Nachstellungen beendet seien.

Der englische Begriff Stalking stammt aus der Jägersprache und bedeutet "heranpirschen". Im angelsächsischen Recht, aber auch in Belgien ist Stalking mit Strafe bedroht

AP
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