Gesundheitsreform Krieg der Gutachten

In Sachen Gesundheitsreform meutern Unions-Länderchefs gegen ihre eigene Bundespartei. Als Argumentationshilfe dient ein Gutachten über die Kosten - dem aber widerspricht eine andere Untersuchung.

Der Fraktionsvorsitzende der Union im Bundestag, Volker Kauder, hat die von der großen Koalition im Grundsatz vereinbarte Gesundheitsreform gegen Kritik einzelner Ministerpräsidenten verteidigt. "Wir werden die Gesundheitsreform wie beschlossen in Kraft setzen. Darauf können Sie sich verlassen", sagte Kauder bei "Sabine Christiansen". Er sehe keine großen Probleme.

Zugleich widersprach der Fraktionschef Befürchtungen der unionsregierten Länder Bayern, Baden-Württemberg und Hessen, dass sie durch die Gesundheitsreform mit Kosten in Milliardenhöhe belastet würden. Die Koalition habe eine Bremse eingezogen, die verhindere, dass die Länder mehr als 100 Millionen Euro pro Jahr abführen müssten. "Deswegen sind die Summen, die da genannt werden, überhaupt nicht realistisch." Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt müsse jetzt rechnen, um die unterschiedliche Zahlenbasis von Bund und Ländern aufzuklären.

Nach einem Gutachten der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft sind vor allem Bayern, Baden-Württemberg und Hessen die Verlierer des für 2009 geplanten Gesundheitsfonds. Bei der Umsetzung müssten dem Gutachten zufolge bis zu 1,6 Milliarden Euro aus Baden-Württemberg, 1,04 Milliarden aus Bayern und 700 Millionen aus Hessen in die Ostländer fließen. Allerdings wurde die Studie vom SPD-Gesundheitsexperten Karl Lauterbach angezweifelt. Nach Berechnungen seines eigenen Instituts an der Universität Köln lägen die Zahlen von Ministerin Schmidt und des Bundesversicherungsamts näher bei der Wahrheit. Danach würde Bayern durch die Einführung des Fonds 70 Millionen Euro verlieren.

Merkel soll sich gegen die Unions-Länderchefs durchsetzen

SPD-Präsidiumsmitglied Andrea Nahles forderte Bundeskanzlerin Angela Merkel auf, sich im Streit über die Gesundheitsreform gegen die Landesregierungen durchzusetzen. "Offensichtlich ist Frau Merkel zum wiederholten Mal in diesem Jahr von ihren eigenen Unionsministerpräsidenten im Schwitzkasten. Da muss sie sich befreien. Aber nicht auf Kosten der Vereinbarungen mit der SPD", sagte sie ebenfalls in der Sendung "Sabine Christiansen". Es gehe nicht an, dass die Unionsministerpräsidenten in der großen Koalition vereinbarte Einsparziele vom Tisch holten.

Die drei Oppositionsparteien FDP, Grüne und Linkspartei.PDS sprachen sich in derselben Sendung geschlossen dafür aus, die Gesundheitsreform zurückzuziehen. FDP-Generalsekretär Dirk Niebel: "Es gibt nur noch ein Weihnachtsgeschenk, das die große Koalition den Menschen machen kann: Hier auf Neustart gehen bei der Gesundheitsreform."

DPA
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