Als erster CDU-Regierungschef hat der saarländische Ministerpräsident Peter Müller den Kompromiss der großen Koalition bei der Gesundheitsreform offen kritisiert und Nachbesserungen gefordert. "Ich halte es für einen Fehler, dass nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft wurden, um eine Beitragserhöhung bei der gesetzlichen Krankenversicherung zu vermeiden", sagte Müller dem "Spiegel".
Im Gesetzgebungsverfahren müssten noch Änderungen vorgenommen werden, um bei den Arzneimitteln mehr Geld einzusparen als bisher geplant. Zudem bekräftigte er die Forderung der CDU nach Leistungskürzungen, etwa durch die Herausnahme von privaten Sportunfällen aus der Krankenversicherung, was die SPD abgelehnt hatte.
Bundeskanzlerin Angela Merkel verteidigte dagegen den Kompromiss. Die Beitragsanhebung sei "nicht unsere Antwort auf die Zukunft, sondern das ist die Summe der Fehler aus vielen vergangenen Jahren", sagte die Kanzlerin in ihrer wöchentlichen Videobotschaft, die im Internet veröffentlicht wurde.
Müller meldete zudem Zweifel an, dass es der großen Koalition aus Union und SPD gelingen werde, die beitragsfreie Krankenversicherung der Kinder aus dem laufenden Haushalt zu finanzieren: "Ich kann nicht erkennen, wie bei der gegenwärtigen Haushaltslage jedes Jahr Milliardenbeträge für die Kinderversicherung aus der Staatskasse fließen sollen."
1,5 Milliarden Euro für Kinderversicherung
Die Koalitionsspitzen hatten sich Anfang der Woche auf die Eckpunkte einer Gesundheitsreform verständigt. Dafür soll 2007 zunächst der Krankenversicherungsbeitrag um etwa 0,5 Prozentpunkte steigen. Ab 2008 sollen 1,5 Milliarden Euro aus dem Bundesetat für die Kinderversicherung gezahlt werden, im Jahr darauf drei Milliarden Euro. Die Finanzierung ist noch offen.
Woher das Geld, zumindest Teile davon kommen sollen, glaubt die Bundesregierung allerdings zu wissen. Laut des Nachrichtenmagazin "Focus" erwartet sie durch die Gesundheitsreform im kommenden Jahr Einsparungen in Höhe von 1,9 Milliarden Euro. Das gehe aus dem Finanztableau des Bundesgesundheitsministeriums hervor, das dem Blatt vorliege.

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Einsparungen bei Arzneimitteln
Danach sollen unter anderem die Ausgaben der gesetzlichen Krankenkassen für Arzneimittel im Jahr 2007 durch die Festsetzung von Höchstpreisen um eine Milliarde Euro sinken. Bei Fahrtkosten hofft die Koalition auf Einsparungen von 100 Millionen Euro. Die Herausnahme von Behandlungen nach Schönheitsoperationen und Piercings aus dem Leistungskatalog der Kassen entlaste diese mit 50 Millionen Euro.
Der Vorlage zufolge sollen durch Preis-Ausschreibungen für Hilfsmittel wie Rollstühle weitere 300 Millionen Euro mehr bei den Kassen verbleiben. Für Mutter-Vater-Kind Kuren sollen die Kassen in den Jahren 2007 bis 2009 jeweils 70 Millionen Euro mehr ausgeben.