Gewinn und Kapital "Es kann gelingen"

CDU-Sozialexperte Karl-Josef Laumann will Arbeitnehmer an Gewinn und Kapital der Unternehmen beteiligen.

Herr Laumann, Bundespräsident Horst Köhler hat in seinem stern-Interview zur Jahreswende die Gewinn- und Kapitalbeteiligung der Arbeitnehmer in den Mittelpunkt gerückt. Greift die CDU das auf?

Ich habe dem Parteivorstand klar gemacht, dass dies eines unserer historischen Anliegen ist und dass wir die Stunde nutzen müssen, um ein Konzept zu entwickeln. Der Vorstand hat mir daraufhin in seiner Klausur in Mainz den Auftrag erteilt. Ich bin zurzeit dabei, die Kommission zu berufen.

Wer wird ihr angehören?

Ein Teil Partei, ein Teil Wissenschaft, ein Teil Praktiker aus Unternehmen, die schon Erfahrung mit Gewinn- und Kapitalbeteiligungen haben, und ein Teil Gewerkschafter.

Wann sollen die Ergebnisse vorliegen?

Schon nach der Sommerpause. Dann kann sich der Parteitag im November mit den Ergebnissen befassen, zudem kann das Thema ins neue Grundsatzprogramm der CDU einfließen. Wir suchen in der Tarifpolitik immer mehr nach maßgeschneiderten Lösungen für die einzelnen Betriebe. Dabei ist die Gewinn- und Kapitalbeteiligung ein Schlüsselprojekt. Wer in der Not Zugeständnisse macht, um Arbeitsplätze zu erhalten, muss später etwas zurückbekommen, wenn es in seinem Betrieb wieder besser läuft. In Großbritannien sind schon bald 30 Prozent der Arbeitnehmer an ihren Betrieben beteiligt, in Deutschland nur zehn Prozent. Wir werden uns deshalb den britischen Weg genau anschauen.

Steht Angela Merkel dahinter?

Ja. Es hat im letzten Bundestag noch einen Vorstoß der CDU/CSU-Bundestagsfraktion gegeben, um Kapitalbeteiligungen in die Anlageformen der Riester-Rente aufzunehmen und sie vor Insolvenz zu schützen. Aber jetzt muss mehr herauskommen. Natürlich dient die Mitarbeiterbeteiligung auch der Alterssicherung, das steht aber nicht im Vordergrund.

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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Was denn? Für Kapitalbeteiligungen gibt es viele Möglichkeiten: von Investivlohn über Umwandlung von Urlaubs- oder Weihnachtsgeld und andere Formen der Direktbeteiligung der Arbeitnehmer an ihrer Firma bis zu überbetrieblichen Fonds, an denen auch Beschäftigte von Kleinstbetrieben und aus dem öffentlichen Dienst beteiligt werden.

Nichts ist ausgeschlossen. Die Kommission wird den ganzen Strauß diskutieren. Wir werden am Ende nicht nur ein Modell empfehlen. Vereinbarungen in Tarifverträgen sind besonders interessant, um betriebliche Bündnisse für Arbeit zu erleichtern. Die Pragmatiker im Gewerkschaftslager sind ja auch der Meinung, das Entlohnungssystem sollte mehr auf den einzelnen Betrieb ausgerichtet sein. Da ist man nahe bei Erfolgsprämien.

Früher ist die Idee am Streit über Fonds und deren Einfluss auf die Wirtschaft gescheitert. Sind die nun leichter möglich?

Ich gehe sehr offen an dieses Thema heran. Die Grundidee der Gewinn- und Kapitalbeteiligung ist, dass wir betriebliche Entlohnungssysteme fördern. Aber es wird immer Firmen geben, die das nicht wollen. Dafür sollte es eine Lösung geben. Wir wollen, dass wieder gesellschaftlicher Kitt entsteht. Arbeitnehmer müssen die Furcht verlieren, dem Kapital hilflos ausgeliefert zu sein, dass ihre Jobs ständig auf der Kippe stehen. Die Wirtschaft ist gut beraten, wenn sie konstruktiv reagiert.

Die IG Metall wendet gerne ein, die Arbeitnehmer hafteten bei Konkurs doppelt - mit ihrem Job und mit ihrem Kapital.

Das ist ein sehr ernst zu nehmendes Problem. Aber es lässt sich durch eine gesetzliche Insolvenzversicherung lösen.

Und das Projekt wird steuerlich gefördert?

Ich glaube nicht, dass es angesichts der Haushaltsnöte exorbitante Zuschüsse geben kann. Die Große Koalition hat noch eine Gesundheitsreform vor sich, die nicht ohne steuerliche Zuschüsse abgehen dürfte. Bis zur nächsten Wahl wird dann nicht mehr sehr viel Luft bleiben.

Soll die Kanzlerin Arbeitgeber und Gewerkschaften zu einem Gipfel einladen?

Wir können nur Erfolg haben, wenn das am Ende ein Thema der Spitzen von Politik, Wirtschaft und Gewerkschaften wird.

Die Sozialausschüsse werden im Mai 60 Jahre. Wollen Sie so wieder jung werden?

Das wird zentrales Thema des Jubiläums. Ein Teil der christlich-sozialen Idee ist seit ewigen Zeiten die der Gewinn- und Kapitalbeteiligung. Sie kann uns nun wieder eine klare Identität geben. Die ideologischen Widerstände sind überwindbar. Viele Arbeitnehmer haben Aktien und Fondsanteile, viele Arbeitgeber brauchen Eigenkapital. Es kann also gelingen. Es muss jetzt gelingen.

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