Große Koalition CDU setzt auf Kombilöhne, SPD nicht

In der großen Koalition ist ein Streit über Kombilöhne ausgebrochen: Während die Union den Vorschlag verteidigt, weisen die Sozialdemokraten darauf hin, dass es dieses Entlohnungsmodell schon längst gebe.

Union und SPD streiten weiter über den Sinn und Unsinn von Kombilöhnen. CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla verteidigte die von der Union gewünschten staatlichen Lohnzuschüsse für Billigjobs, während die SPD ihre Kritik erneuerte. Eine Koalitionskrise sei dies aber nicht, sagte SPD-Generalsekretär Hubertus Heil.

Pofalla, der als Unions-Arbeitsmarktexperte in den Koalitionsverhandlungen den Weg zu einem neuen Kombilohn-Versuch geebnet hatte, nannte in den "Ruhr Nachrichten" Details seines Wunschmodells. Das entscheidende Kriterium für die Bewilligung eines staatlichen Lohnzuschusses solle ein geringer Stundenlohn sein, nicht das Monatseinkommen. Gefördert werden müsse der Arbeitnehmer, nicht der Arbeitgeber, um mögliche Mitnahmeeffekte zu vermeiden. Einzelheiten solle eine Arbeitsgruppe der Koalition erarbeiten.

"Es gibt genügend Arbeit in Deutschland, aber nicht genug bezahlbare Arbeit", schrieb Pofalla in der Zeitung. "Und umgekehrt: Von den Löhnen, die Unternehmen für bestimmte einfache Tätigkeiten zahlen könnten, soll und kann kaum jemand in Deutschland leben. Kombilöhne sind ein Ausweg."

"Staatliche Einladung zur Lohndrückerei

Der SPD-Finanzpolitiker Joachim Poß bekräftigte hingegen die Vorbehalte seiner Fraktion. Flächendeckende Kombilöhne seien eine "staatliche Einladung zur Lohndrückerei", sagte er der derselben Zeitung. Das gesamte Tarifgefüge käme ins Rutschen. Der Lohnzuschuss vom Staat werde auf breiter Front zu Mitnahmeeffekten führen. Auch finanzpolitisch seien Kombilöhne "der falsche Weg". Dafür gebe es kein Geld.

Der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Ludwig Stiegler verwies darauf, dass schon das Hartz-IV-Gesetz Kombilöhne ermögliche. So könne über das "Einstiegsgeld" niedriges Einkommen aufgestockt werden. Schon heute bezögen etwa 500.000 bis 700.000 Menschen Kombilöhne. "Deshalb verstehe ich die jetzige Debatte überhaupt nicht", sagte Stiegler im WDR. Insgesamt zeigten die bisherigen Erfahrungen, dass Kombilöhne nur ein "Notnagel" seien, aber kein Heilmittel. Kombilöhne in Millionen-Größenordnung werde es nicht geben.

Diese Vision hatten unter anderem die CDU-Politiker Georg Milbradt und Laurenz Meyer vertreten. Auch CDU-Arbeitnehmervertreter Uwe Schummer erklärte, Kombilohn könne eine Jobmaschine werden. Als Beispiele nannte er das Potenzial von 700.000 Hilfsjobs in der häuslichen Pflege, die heute schwarz gemacht werden.

Weit vorsichtiger äußerte sich der nordrhein-westfälische Arbeitsminister Karl-Josef Laumann (CDU). Der Zuschuss müsse auf Langzeitarbeitslose ohne Berufsausbildung beschränkt bleiben, sagte Laumann der "Welt". Sein SPD-Kollege in Schleswig-Holstein, Uwe Döring, schlug sich hingegen auf die Seite der Unterstützer. Auch IG-BCE-Chef Hubertus Schmoldt und der frühere Gewerkschaftschef Hermann Rappe lehnten das Modell nicht grundsätzlich ab.

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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Wissenschaftler lehen Kombilöhne ab

Von Arbeitsmarktexperten in der Wissenschaft kommt hingegen fast einhellige Ablehnung. Der Vorsitzende der Wirtschaftsweisen, Bert Rürup, sagte dem "Tagesspiegel", man müsse mit Kosten von mehreren Milliarden Euro rechnen. Hilmar Schneider vom Forschungsinstitut zur Zukunft der Arbeit in Bonn sagte der Nachrichtenagentur AP, bisherige Versuche und Modellrechnungen prophezeiten einen Misserfolg solcher Modelle. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung kritisierte trotz hoher Kosten seien Stellenzuwächse in der Größenordnung von nur 100.000 Jobs zu erwarten.

AP
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