Die Union will für besonders schwer zu vermittelnde Langzeitarbeitslose zum 1. Januar 2007 den Kombilohn einführen. Der wirtschaftspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Laurenz Meyer, sagte der "Berliner Zeitung", der Einkommenszuschuss solle zunächst Problemgruppen am Arbeitsmarkt etwa den unter 25-Jährigen, über 55-Jährigen und allein erziehenden Frauen zu Gute kommen. Davon könnten etwa eine Million Langzeitarbeitslose profitieren.
"Unsere Grundthese ist, dass es genügend Arbeit in Deutschland gibt, aber nicht genügend bezahlbare Arbeit", so Meyer. Die Löhne sollten sich auch weitestgehend an der Produktivität orientieren. "Aber das bedeutet, dass der Staat die niedrigen Löhne über das Existenzminimum hinaus aufstocken muss."
Stichwort Kombilohn
Kombilöhne setzen sich aus dem vom Arbeitgeber gezahlten Lohn und einem staatlichen Zuschuss zusammen. Denn Niedriglohnjobs ab einem Verdienst von 325 Euro im Monat sind wegen der sprunghaft ansteigenden Sozialabgaben finanziell wenig attraktiv. Das vom Arbeitsministerium anvisierte Modell sieht deshalb für Geringverdiener einen Zuschuss zu den Sozialversicherungsbeiträgen vor. Das Modell ist allerdings umstritten. Gewerkschaften etwa stehen dem Modell skeptisch gegenüber. Sie fürchten, dass Unternehmen das Angebot missbrauchen, Tariflöhne missbrauchen und so den Niedriglohn-Sektor ausweiten könnten.
Der "Spiegel" berichtet, die SPD wolle einen Niedriglohnsektor fördern, in dem Arbeitnehmer von einem Teil der Sozialabgaben befreit werden. Die Minijobs sollten abgeschafft und dafür ein Freibetrag bei den Sozialabgaben eingeführt werden. So werde die Trennung von sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätzen und Minijobs aufgehoben.
Vorteil dieses Konzeptes sei, dass Minijobber nicht länger bevorteilt würden. Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte sich bereits früher dafür ausgesprochen, im Niedriglohnbereich Arbeitsplätze durch einen so genannten Kombilohn zu schaffen.
Die Details der Regelung, besonderes die Frage, wie Lohn und Zuschuss für jeden Einzelnen festgelegt werden, müssten im ersten Halbjahr 2006 geklärt werden. Klar sei, dass es regionale Unterschiede geben werde.
Der stellvertretende SPD-Fraktionschef Joachim Poß hat sich allerdings gegen Kombilöhne ausgesprochen. Er halte dies aus ordnungspolitischen Gründen für nicht vertretbar und angesichts der Haushaltslage in Bund und Ländern auch für nicht finanzierbar. "Das hat mit Marktwirtschaft nichts zu tun", sagte Poß am Montag der Nachrichtenagentur DPA. In der "Westdeutschen Allgemeinen" verwies Poß darauf, dass es schon heute Kombilohn-Projekte auf Zeit für Langzeitarbeitslose gebe. Allerdings könnten mit einer solchen Politik auf Dauer die Löhne gedrückt werden.
Ehemaliger Wirtschaftsweiser warnt vor Milliardenkosten
Unterschiedliche Meinungen gibt es über die Kosten der Kombilöhne. Während CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla davon ausgeht, dass das Modell aufkommensneutral eingeführt werden kann, warnte der frühere Wirtschaftsweise Rolf Peffekoven vor Milliardenkosten. Es werde "zu gewaltigen Mitnahmeeffekten kommen", sagte er der "Reihnischen Post". Grundsätzlich seien Kombi-Löhne vernünftig. Gering Qualifizierte seien oft so wenig produktiv, dass sie nur geringe Löhne erzielen und von diesen nicht leben könnten. Wer Kombilöhne aber vorschlage, müsse auch sagen, woher er das Geld dafür nehmen wolle. Er selbst sei dafür, die Mittel aus der Arbeitsmarktpolitik zu holen.
CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla rechnet bei einer Einführung von Kombilöhnen nicht mit zusätzlichen Kosten. "Wir gehen davon aus, dass es aufkommensneutral finanziert werden kann", sagte Pofalla am Montag im ZDF. Der "Kombiteil" auf die Löhne werde geringer sein "als das, was wir bisher an Arbeitslosengeld II gezahlt haben". Der Arbeitsmarktexperte sagte, dass der "Kombiteil" des Lohnes an die Arbeitslosen direkt gehen werde und nicht an die Unternehmen, "damit wir Mitnahmeeffekte versuchen zu minimalisieren".
Verdi strikt gegen Kombilöhne
Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi lehnt Kombilöhne strikt ab. "Es hat sich schon in der Vergangenheit gezeigt, dass Kombilöhne jedweder Art von den Arbeitgebern genutzt werden, die Tariflöhne zu drücken", sagte Verdi-Chef Frank Bsirske der "Berliner Zeitung". Die Arbeitgeber könnten damit rechnen, dass der Staat und damit der Steuerzahler die Lohnsenkung auffange und einen Rest drauflege. "Das bedeutet, flächendeckende Kombilöhne kosten viele Milliarden, ohne dass es am Arbeitsmarkt zu einer Verbesserung kommt." Es komme nur zu einer Umfinanzierung von Lohnbestandteilen auf Kosten der Allgemeinheit.