Bundespräsident Horst Köhler hat ein hartes und rasches Eingreifen der Politik auf den internationalen Finanzmärkten gefordert. "Die Politik muss ihr Primat über die Finanzmärkte zurückgewinnen", sagte Köhler beim 9. Economic Summit in München am Donnerstag laut Redetext. Er forderte unter anderem ein völliges Verbot sogenannter Leergeschäfte an den Börsen. Zugleich warnte der frühere Chef des Internationalen Währungsfonds (IWF) davor, dass sich ohne eine straffe internationale Regulierung eine Finanzkrise jederzeit wiederholen könne.
Köhler warf der internationalen Finanzindustrie vor, mit unverantwortlichem Treiben und sogenannten Finanzinnovationen zwar ihre eigenen Gewinne in die Höhe getrieben zu haben, aber Risiken für alle anderen zu produzieren. "Die Gewinne haben wenige gemacht, die Verluste muss die Allgemeinheit tragen." Der vorherrschende Finanzkapitalismus könne kein Leitbild mehr sein, weil er vor allem auf Pump und Wetten aufbaue. Bereits vor zwei Jahren hatte der Bundespräsident die Finanzmärkte als Monster bezeichnet, das ganze Staaten und Gesellschaften destabilisiere. Auch diesmal wählte Köhler starke Worte. So verglich er besonders spekulative Hebelprodukte wie einst Großinvestor Warren Buffett mit Massenvernichtungswaffen.
Köhler warnt vor neuen Finanzblasen
Der "Pumpkapitalismus" untergrabe gar die demokratische Ordnung der westlichen Staaten, warnte Köhler. "Die nächste schwere Krise des Finanzsystems würde, da bin ich mir sicher, nicht allein die Funktionstüchtigkeit unseres Wirtschafts- und Gesellschaftsmodell infrage zu stellen, sondern auch seine Glaubwürdigkeit."
Der Bundespräsident warf der Politik indirekt vor, sich zu stark den Lobbyinteressen zu beugen. "Die internationale Finanzindustrie und ihre Lobbyisten lassen offensichtlich nichts unversucht, um verabredete Maßnahmen zu verwässern. Zugleich geht das Wetten weiter, es bauen sich schon wieder neue Finanzblasen auf."
Er forderte deshalb vier konkrete Schritte der internationalen Gemeinschaft. Erstens müssten Banken und auch Hedgefonds gezwungen werden, ausreichend hohes Eigenkapital aufzubauen. Zweitens müsse eine internationale Insolvenzordnung dafür sorgen, dass künftig kein Institut und kein Finanzakteur zu groß sei, um zu scheitern. Drittens müsse ein internationales Zulassungsverfahren - "eine Art internationaler Tüv" - dafür sorgen, dass nur noch genehmigte Derivate gehandelt werden dürften. Und viertens müssten die G20-Staten darauf bestehen, dass sich Finanzakteure, also Banken und andere Investoren, an den Kosten für die Bewältigung der Krise beteiligten. "Mir persönlich scheint eine Abgabe auf internationale Finanztransaktionen hierfür immer noch der beste Weg." International wird dieser Forderung jedoch wenig Chance auf Durchsetzung eingeräumt.