Ein Überläufer? Nein. Dieser Oswald Metzger ist keiner der meist moralintriefenden Parteiwechsler, wie man sie aus der deutschen Politik zur Genüge kennt. Die mit dem Mandat im Handgepäck von einem sicheren Parlamentssitz auf den nächsten reisen. Die Gewissensqualen vortäuschen, wo meist der pure Egoismus die einzige Richtschnur ist.
Oswald Metzger hat seinen Weg von den Grünen zu den Schwarzen mit maximaler Korrektheit abgewickelt. Er hat sein Mandat im baden-württembergischen Landtag zurückgegeben. Nach mehr als zwei Jahrzehnten politischem Engagement für die grüne Partei gewiss keine achselzuckende Entscheidung. Er führte keine sondierenden Absicherungsgespräche mit CDU-Strippenziehern. Im CDU-Landesverband Baden-Württemberg sieht man sein Kommen eher mit Skepsis, obwohl sich im Ländle die Schwarzen und die Grünen vielfach näher sind als in anderen Bundesländern. Die Skepsis hat eindeutigem Grund: Da kommt einer in die CDU mit eigenem Kopf. Ein Querkopf – und das ist fast schon eine verniedlichende Charakterisierung. Ein Sturkopf, das passt besser. Typisch für ihn, dass er alles auf eine politische Karte setzt: Entweder er gewinnt Anfang Juli die Urabstimmung über den nächsten CDU-Kandidaten im tiefschwarzen Wahlkreis Biberach und hat dann seinen Sitz im nächsten Bundestag sicher. Oder er verliert.
Eigentlich müsste sich die CDU glücklich schätzen, dass einer wie Metzger zu ihr kommt. Der Mann kann reden, wie selten einer. Und nichts fehlt der Union im Bundestag schmerzlicher als ein Wirtschaftspolitiker mit Überzeugungskraft. Metzger wäre einer, der ihr nach dem Rückzug von Friedrich Merz wieder Profil gibt. Seither fehlt es der bürgerlichen Mitte schmerzlich an authentischen Identifikationsfiguren der sozialen Marktwirtschaft. Zu wenige sind in der Union zu sehen, die sagen, was sie denken und auch über den engeren Parteihorizont hinaus ernst genommen werden.
Was im Fall des Falles eines CDU-Abgeordneten Metzger allerdings auch auf die CDU zukommt: Ein Mahner, der sie mit Sicherheit hartnäckig daran erinnern wird, dass sie in der Großen Koalition die einst lauthals versprochene wirtschafts- und sozialpolitische Reformpolitik verraten hat, von der Rente mit 67 einmal abgesehen. Weder im Gesundheitssystem gab es eine strukturelle Reform noch beim Steuersystem. Metzger gehört auch zu jenen, die sich laut die Frage trauen, weshalb eigentlich Bankern, die sich mit hoch spekulativem Verhalten selbst ruiniert haben, mit Geldern aus der Steuerkasse geholfen werden soll. Oder beim Betreuungsgeld, von dem die CSU nicht lassen will, anmerken, dass das Familienideologie pur von vorgestern ist, wegen des Geldes Kinder aus den Krippen abgemeldet und so um ihre sozialen Chancen gebracht werden.
Ein schwerer Gang
Metzger ist bei den Grünen gegangen, weil er sich mit sozialpolitischen Phantastereien eines Teils der Partei wie einem bedingungslosen Grundeinkommen nicht identifizieren wollte. Er kommt zur CDU mit der Forderung nach weniger staatlichen Leistungen und mehr Eigenverantwortung der Bürger. Man kann ihm bei dieser Ausgangsposition nur mit auf den Weg geben, was sich schon Luther auf dem Reichstag von Worms vor 500 Jahren anhören musste: Mönchlein, Mönchlein, du gehst einen schweren Gang.