Kommentar Eine Zukunftschance für Opel

  • von Hans Peter Schütz
General Motors verkauft Opel an Magna, alle vier Betriebsstandorte sollen erhalten werden, und die Regierung jubelt. Doch es gibt noch viel zu tun.

Man kann gut verstehen, dass die Kanzlerin jubelt, dass Kanzlerkandidat Steinmeier glücklich ist, dass NRW-Ministerpräsident Rüttgers, der selbst ernannte Arbeiterführer mit CDU-Parteibuch, applaudiert und die Gewerkschaften tief erleichtert durchatmen. Wäre die Opel-Rettungsaktion missglückt, mitten in der Schlussphase des Wahlkampfs, sie alle hätten ziemlich blamiert auf der politischen Straße zum Wahlsieg gestanden. Als Akteure, die sich übernommen, verkalkuliert und am Steuer blamiert haben.

Neuanfang mit vielen Risiken

Sie können jetzt hoffen auf ein Happyend der Opel-Operation. Die noch offenen Details des Finanzierungspakets dürften lösbar sein. Tröstlich auch, dass zumindest vorerst die vier deutschen Opel-Werke erhalten bleiben sollen. Aber die Akteure stehen vor einem Neuanfang mit vielen Risiken, unvermeidbaren noch kommenden schmerzlichen Entscheidungen und ohne Garantien für die Ewigkeit. Verkürzt gesagt: Niemand weiß, wie lange es den Opel-Standort Bochum beispielsweise tatsächlich noch geben wird, auch wenn er zunächst einmal überlebt hat. Nur "derzeit" werden die vier deutschen Opel-Produktionsstätten weiter gefahren.

Die Bedingungen, an die Magna und die Russen ihren Einstieg in neue Opel-Gesellschaft gestellt haben, sind sehr interpretationsfähig. Sicher ist, ohne Kurzarbeit wird die weitere Rettungsoperation nicht möglich sein. Ebenso ohne Personalabbau, der vielleicht sogar über die jetzt genannte Ziffer von 3000 Arbeitsplätzen hinausgeht. Niemand weiß, wie sich die Betriebskultur bei Magna definiert, wie gut die angekündigte Einbeziehung der Gewerkschaften ins Gesamtpaket der Rettung funktioniert.

Unterm Strich steht damit vorläufig: Opel hat eine Zukunftschance. Mehr nicht. Die Rettung ist keine garantierte Sache. Wie nachhaltig die gefundene Vereinbarung trägt, wissen vermutlich nicht einmal jene nicht, die sie an Ende unterzeichnen. Mit dem Geld der Steuerzahler ist zunächst ein Kollaps von Opel im Wege einer Notoperation verhindert worden. Gesunden muss der Automobilbauer erst noch.

Was heißt: die Firma Opel muss erst einmal wieder Autos bauen, die auf dem mit Überkapazitäten reichlich ausgestatteten globalen Automobilmarkt gewinnbringend verkauft werden können. Lange genug ist von General Motor hilflos am Image von Opel herumgedoktert worden. Es muss daher nicht nur der deutsche Markt wieder zurück erobert werden, die Zukunftsmärkte Russland, Indien und China sind von der Konkurrenz längst mit überaus wettbewerbsfähigen Produkten ins Visier genommen worden.

Keine Rettungsaktionen auf Kosten der Steuerzahler

Niemand weiß, mit welchem Automobilkonzept die sicherste Überlebenschance auf diesem hart umkämpften Markt zu erobern ist. Viel zu lange hat man bei Opel nicht begriffen, dass über die Marktchancen weder der Preis noch die PS-Zahlen allein entscheiden. Energiesparkonzepte und Umweltfreundlichkeit müssen hinzukommen, um am Ende dann doch nicht zum Auslaufmodell beim Händler degradiert zu werden. Wie der Weg vom einst belächelten zum erfolgreichen Marktteilnehmer aussehen muss, können die Opelianer bei Audi besichtigen.

Und die Politik muss begreifen und akzeptieren, dass sie mit weiteren Rettungsaktionen auf Kosten der Steuerzahler nicht noch einmal kommen darf. Denn marktwirtschaftlich logisch war nicht im geringsten, was sich die Große Koalition bei Opel geleistet hat. Sie wollte nicht nur Opel retten, sondern vor allem sich selbst.