Sie wird die bleierne Zeit genannt. Jener Herbst im Jahre 1977, als die RAF die Staatsmacht in Atem hielt, sie in einen Ausnahmezustand versetzte. Die Erinnerung an diese Wochen, die Angst von damals, war jahrelang verschüttet. Doch nun, 30 Jahre danach, taucht dieses dunkle Kapitel aus der Vergangenheit unseres Landes wieder auf. Deutschland diskutiert über die RAF und die Frage, ob Terroristen wie Brigitte Mohnhaupt und Christian Klar die vorzeitige Freilassung verdient haben.
Ja, Brigitte Mohnhaupt und Christian Klar haben verdient, dass man mit ihnen, den Gegnern des Systems, nach rechtsstaatlichen Prinzipien verfährt, obwohl sie genau diese Prinzipien ablehnten und versuchten zu zerstören. Und das bedeutet Freiheit für Mohnhaupt und zwei weitere Jahre Haft für Christian Klar.
Brigitte Mohnhaupt hat ihre Mindesthaftstrafe von 24 Jahre abgesessen und nun die Freilassung auf Bewährung beantragt. Ihre Sozialprognose fällt günstig aus. Und da das Rechtsstaatsprinzip es gebietet, selbst dem zu lebenslanger Freiheitsstrafe Verurteilten die Möglichkeit der Resozialisierung zu eröffnen, sollte das Gericht dem Bewährungsgesuch entsprechen. Wer zuvor eine Entschuldigung bei den Angehörigen der Opfer verlangt, vermischt Recht mit Moral. Zwar wäre es durchaus angebracht, wenn auch Mohnhaupt zur Versöhnung beitragen würde und dabei helfen würde, die Wunden der Vergangenheit zu heilen. Aber rein rechtlich muss sie den Angehörigen gegenüber keine Reue zeigen, um vorzeitig entlassen zu werden.
Klar hat Mindesthaftstrafe 2009 verbüßt
Etwas anders liegt der Fall bei Christian Klar, der seine Mindesthaftstrafe erst 2009 verbüßt hat. Zwar hat er beim Bundespräsidenten ein Gnadengesuch eingereicht und es gibt keine Bedingungen, die erfüllt werden müssen, um Gnade gewährt zu bekommen. Auch nicht Reue. Aber Christian Klar hat bislang ebenso wenig wie Brigitte Mohnhaupt ernsthaft erkennen lassen, dass er sich von seiner dunklen Vergangenheit distanziert und er ein - was die Anwendung von Gewalt angeht - anders denkender Mensch geworden ist. Zwar geht es bei Christian Klar "nur" noch um eine Strafverkürzung von zwei Jahren. Aber weil er keine Gnade für seine Opfer kannte, ist auch er dieser nicht würdig. Deshalb sollte er, bei einer günstigen Sozialprognose, erst 2009 - dann auf Bewährung - entlassen werden.
Im Falle von Mohnhaupt und Klar geht es nicht nur um die Zukunft zweier Figuren des RAF-Terrors, sondern auch darum, wie unser Rechtsstaat generell mit Mördern verfährt, die dieses System ablehn(t)en. Denn am Umgang mit seinen Gegnern, seinen Feinden zeigt sich die wahre Souveränität eines Gesellschafts- und Rechtssystems. Es geht um Recht, nicht um Gnade.