Am Freitag wird der Bundestag zum vierten Mal in seiner Geschichte über eine Vertrauensfrage abstimmen. Eine kleines Lexikon rund um diesen ungewöhnlichen Antrag des Bundeskanzlers:
Bundeskanzler:
Im Gegensatz zur Einbringung eines konstruktiven Misstrauensvotums (Artikel 67 Grundgesetz), wo ein Teil des Bundestags den Kanzler stürzen will, liegt die Initiative für die Vertrauensfrage ausschließlich beim Regierungschef. Nur er kann beantragen, dass das Parlament ihm durch einen besonderen Beschluss das Vertrauen ausspricht (Artikel 68 Grundgesetz). Das entspricht der zentralen Rolle, die das Grundgesetz dem Kanzler einräumt.
Kanzler Gerhard Schröder hat den Schritt gewählt, um die eigenen Reihen in der rot-grünen Koalition zu disziplinieren und den Antrag auf den Einsatz der Bundeswehr im Anti-Terror-Kampf durch das Parlament zu bringen.
Entschließungsantrag:
Die Koalitionsparteien wollen in jedem Fall am Freitag auch einen Entschließungsantrag einbringen, in dem zusätzliche humanitäre Maßnahmen für Afghanistan gefordert werden. Mit der Vertrauenfrage hat er direkt nichts zu tun. Entschließungsanträge sind politische Meinungskundgaben, die in Verbindung mit einem anderen Tagesordnungspunkt stehen - hier die mit der Vertrauensfrage verbundene Entscheidung über den Anti-Terroreinsatz der Bundeswehr.
Folgen der Vertrauensfrage: Gewinnt der Kanzler die Vertrauensfrage hat dies nur politische Konsequenzen, keine irgendwie rechtlichen. Das Abstimmungsergebnis dokumentiert, dass die Mehrheit des Bundestags hinter ihm steht. Verliert der Kanzler ist er hingegen erheblich geschwächt, aber eben auch nur politisch. Er ist aber nicht verpflichtet, Konsequenzen zu ziehen. Er kann, muss aber nicht die Auflösung des Parlaments beim Bundespräsidenten beantragen. Dies wäre dann allerdings eine rechtliche Folge.
Kanzlermehrheit:
Um die Vertrauensfrage zu überstehen, benötigt der Kanzler diese Mehrheit. Es muss also mehr als die Hälfte der Mitglieder des Bundestags für ihn stimmen - also nicht nur die Mehrheit der Anwesenden (so genannte einfache Mehrheit). Die Kanzlermehrheit liegt angesichts von 666 Abgeordneten bei 334 Stimmen. Die Kanzlermehrheit ist sonst zum Beispiel auch bei der Wahl des Kanzlers erforderlich (Artikel 63 Absatz 2 Grundgesetz).
Namentliche Abstimmung:
Über den Antrag wird namentlich abgestimmt. Nach der Geschäftsordnung ist eine solche Abstimmung schon dann durchzuführen, wenn eine Fraktion dies verlangt. Insbesondere bei der Vertrauensfrage ist eine namentliche Abstimmung sinnvoll: Nur so lässt sich feststellen, ob tatsächlich die Regierungskoalition geschlossen hinter ihrem Kanzler steht. Über die drei Vertrauensfragen in der Geschichte der Bundesrepublik wurde stets namentlich abgestimmt.
Protokollerklärung:
Mit der Vertrauensabstimmung votieren die Parlamentarier gleichzeitig über den Antrag der Bundesregierung zum Einsatz von 3900 Bundeswehrsoldaten im Kampf gegen den internationalen Terrorismus. Dieser Antrag kann nach der Praxis des Bundestags nicht vom Parlament in den Beratungen verändert werden.

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Seit Einbringung des Antrags vor einer Woche war aber vielfach der Wunsch nach weitergehender Unterrichtung des Parlaments in den nächsten Monaten laut geworden. Das sichert nun die Regierung in der Protokollerklärung zu, ohne dass sie ihren ursprünglichen Antrag ändert.
Verbindung der Vertrauensfrage mit einer Sachfrage:
Die Vertrauensfrage kann nach Artikel 81 des Grundgesetzes mit einer Sachfrage verbunden werden.