Es hatte sich bereits angebahnt, jetzt ist es offiziell: Frankreichs Regierung wurde gestürzt, nachdem Premierminister François Bayrou in der Nationalversammlung die Vertrauensfrage gestellt hatte. 364 Abgeordnete stimmten gegen die Regierung, nur 194 Abgeordnete sprachen ihr das Vertrauen aus. Hintergrund waren Streitigkeiten um den von Bayrou vorgeschlagenen Sparhaushalt für das kommende Jahr. Sein Juli vorgelegter Haushaltsentwurf sah ein Einsparvolumen von 43,8 Millionen Euro vor.
Die Opposition hatte zuvor ohne Zögern angekündigt, dem Zentrumspolitiker bei der Abstimmung das Vertrauen zu entziehen. Dazu reicht anders als bei einem Misstrauensvotum eine einfache Mehrheit.
Der 74-jährige Bayrou ist seit nicht einmal neun Monaten im Amt. Seine Mitte-Rechts-Regierung hat im Parlament keine Mehrheit. Eine Niederlage des Premiers dürfte auch Präsident Emmanuel Macron schwächen, auch wenn sein eigener Posten nicht vom Ergebnis der Abstimmung abhängt.
Auch ein künftiger Premier wird aber mit den unklaren Verhältnissen in der Nationalversammlung zu schaffen haben. Seit der vorgezogenen Neuwahl im Sommer 2024, als Macron das Unterhaus des Parlaments nach einer Schlappe bei der Europawahl aufgelöst hatte, haben weder das Präsidentenlager noch der linke oder rechte Block eine Mehrheit. Wer als Nächster sein Geschick als französischer Regierungschef versuchen darf, nachdem bereits Bayrous konservativer Vorgänger Michel Barnier nach nur gut drei Monaten gestürzt wurde, ist offen. Einen Favoriten gibt es noch nicht.
Frankreich eines der am meist verschuldeten EU-Länder
Frankreich ist nach Griechenland und Italien das Land im Euroraum mit der höchsten Schuldenquote. Der ohnehin hohe öffentliche Schuldenstand war zuletzt auf rund 114 Prozent des Bruttoinlandsprodukts angestiegen. In absoluten Zahlen hat Frankreich mit rund 3.300 Milliarden Euro den höchsten Schuldenberg im Euroraum.
Mit einem Haushaltsdefizit von zuletzt 5,8 Prozent ist das Land außerdem weit vom europäischen Grenzwert von 3 Prozent entfernt. Und die EU hat einen kritischen Blick darauf, ob Paris mit dem Sparen nun Ernst macht. Alleine die Tilgungszahlungen für die Schulden drohten zum größten Haushaltsposten zu werden, noch vor den Ausgaben für Bildung oder Verteidigung, warnte der Premier.
Mehr in Kürze beim stern.