Coronakrise Neue Schulden-Dimension: Scholz will das Bundeskonto um 218 Milliarden Euro überziehen

Bundesfinanzminister Olaf Scholz
Früher Knauser-Olaf, jetzt Spendierhosen-Scholz. Wegen der Coronakrise will der Finanzminister mehr als 200 Milliarden Euo neue Schulden machen.
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Finanzminister Olaf Scholz hat es versprochen: In der Coronakrise werde geklotzt. Und wie. Der Bund macht Schulden wie niemals zuvor, das Motto lautet: "Die Schulden von heute sind die Steuereinnahmen von morgen".

Die Bundesregierung plant für das laufende Jahr eine Neuverschuldung von 218,5 Milliarden Euro. Das geht aus dem Entwurf von Finanzminister Olaf Scholz (SPD) für den zweiten Nachtragshaushalt des Bundes hervor, wie aus dem Bundesfinanzministerium verlautete. Abgedeckt werden sollen damit vor allem Mehrausgaben für das Konjunkturpaket der Regierung sowie durch die Corona-Pandemie ausgelöste Steuermindereinnahmen.

Deutlich mehr Schulden als gedacht

Die Ausgaben des Bundes sollen der Vorlage zufolge, die am Mittwoch vom Kabinett beschlossen werden soll, für 2020 nun auf 509,3 Milliarden Euro steigen. Das ist deutlich mehr als bisher erwartet. Aus dem Finanzressort wurde dies damit begründet, dass ein großer Teil auch der erst für 2021 oder sogar später vorgesehenen Ausgaben bereits für das laufende Jahr eingeplant und an Sondervermögen wie beispielsweise den Energie- und Klimafonds übertragen werde.

Deswegen falle auch die Neuverschuldung 2020 nun höher aus, hieß es weiter. Hier kommen zu den bereits im ersten Nachtragshaushalt vom März vorgesehenen neuen Krediten von 156 Milliarden Euro nun noch einmal 62,5 Milliarden Euro hinzu. Dabei ist bereits berücksichtigt, dass von den im März veranschlagten Zusatzausgaben mehr als 60 Milliarden Euro nicht abgerufen wurden.

Steuermindereinnahmen eingepreist

Ebenfalls eingepreist sind die in der Steuerschätzung vom Mai vorhergesagten massiven Steuermindereinnahmen. Die Neuverschuldung dürfte die im Grundgesetz vorgesehene Schuldengrenze um 118,7 Milliarden Euro überschreiten. Dies ist zulässig, wenn der Bundestag eine außergewöhnliche Notsituation feststellt. Der gesamtstaatliche Schuldenstand dürfte laut Finanzministerium bis zum Jahresende auf rund 77 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) ansteigen, weit über der EU-Obergrenze von 60 Prozent.

Es gehe jetzt um eine "konjunkturgerechte Finanzpolitik, um die Auswirkungen der Krise zu überwinden", hieß es zu der Haushaltsplanung aus dem Finanzministerium. Die Rede war von "gut angelegtem Geld", denn "die Schulden von heute sind die Steuereinnahmen von morgen". Wenn die Wirtschaft nach der Coronakrise wieder anspringe, dann werde es auch wieder höhere staatliche Einnahmen geben. Innerhalb von 20 Milliarden Euro sollen die zusätzlichen Schulden zurückgezahlt sein.

Konjunkturhilfen nur in diesem und kommenden Jahr

Großer Wert wird im Finanzministerium darauf gelegt, dass die bereit gestellten Hilfsgelder auch schnell abgerufen werden, alle Konjunkturhilfen auf jeden Fall in diesem und im kommenden Jahr. Es werde ausdrücklich ausgeschlossen, "dass diese umfangreichen Mittel auf spätere Jahre übertragen werden können", hieß es. Nur für das längerfristiger angelegte Zukunftsprogramm der Regierung soll dies zumindest in Teilen nicht gelten.

Im Nachtragshaushalt enthalten sind unter anderem die Mehrwertsteuersenkung ab 1. Juli, der Kinderbonus sowie Steuererleichterungen und Überbrückungshilfen für kleine und mittelständische Unternehmen. Die Prognose für die Steuereinnahmen, die bereits im März um 33,5 Milliarden Euro abgesenkt worden war, wurde nun noch einmal um sieben Milliarden Euro nach unten korrigiert. Eingeplant sind auch Zuschüsse für die Kranken- und Pflegekassen sowie Unterstützungszahlungen auf europäischer und internationaler Ebene,

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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Wirkung zu kurzfiristig angelegt

Eine "soziale Schieflage" in den Regierungsplänen kritisierte der Grünen-Haushaltsexperte Sven-Christian Kindler. So fehle eine Erhöhung der Hartz-IV-Regelsätze und "Soloselbstständige sind erneut die großen Verlierer*innen der Maßnahmen", erklärte er in Berlin. Generell sei die Wirkung des Pakets zu kurzfristig angelegt.

AFP · DPA
nik