Der Landesverband der Christdemokraten hat Unternehmen in Werbebriefen nicht nur Ausstellungsflächen auf dem Landesparteitag Mitte März angeboten, sondern auch vertrauliche Unterredungen mit den Mitgliedern der Landesregierung. Die Landes-CDU bestätigte inzwischen einen entsprechenden "Spiegel"-Bericht.
Demnach sollten in der Halle, in der der Parteitag stattfinden soll, Flächen an Sponsoren vermietet werden, die sich dort präsentieren wollen. Für 20 000 Euro ist eine mehr als 15 Quadratmeter große Ausstellungsfläche zu haben – inklusive Einzelgespräch mit Rüttgers oder einem Minister. Für 6000 Euro weniger gibt es einen 12 bis 15 Quadratmeter großen Stand – ohne Gespräch, aber mit Rundgang und Fototermin. Die Partei betonte aber, die unterschiedliche Bezahlung beziehe sich nur auf die unterschiedliche Standgröße.
"Unterstellungen sind absurd"
SPD, Grüne und Linke fordern Aufklärung. Die Linken sprechen von verdeckten - und damit verbotenen - Parteispenden. Rüttgers hat Berichten aus seinem Parteiumfeld zufolge am Wochenende äußerst verärgert auf die Sponsorenbriefe reagiert. In seiner persönlichen Stellungnahme erklärte er am Sonntag: "Die Unterstellungen sind, was mich betrifft, absurd und völlig unzutreffend." Er habe die Briefe an die Sponsoren nicht gekannt. "Als ich davon erfahren habe, habe ich den Generalsekretär angewiesen, dies sofort zu beenden."
Der CDU-Landesgeneralsekretär, Hendrik Wüst, reagierte prompt und einsichtig. "Ich bedauere ausdrücklich, dass hier ein falscher Eindruck entstanden ist und entschuldige mich dafür insbesondere bei dem Vorsitzenden der CDU Nordrhein-Westfalen, Ministerpräsident Jürgen Rüttgers", hieß es in der fast zeitgleich verbreiteten Mitteilung aus der Düsseldorfer CDU-Zentrale.
Nicht der erste Versuch, Geld für die CDU zu organisieren
Der Versuch, bei Parteitagen zusätzliches Geld in die CDU-Kasse fließen zu lassen, ist dem "Spiegel"-Bericht zufolge nicht neu. Die Landes-CDU habe schon früher versucht, Sponsoren mit Terminen beim Ministerpräsidenten zu locken. Für den Landesparteitag 2008 in Dortmund habe die Geschäftsstelle der Partei ebenfalls ein "Partnerpaket" angeboten, das ein Gespräch mit Rüttgers einschloss.
Einem Bericht des "Tagesspiegel am Sonntag" zufolge konnten Sponsoren auch Abendessen am Tisch von Rüttgers buchen. Die Zeitung berichtete unter Berufung auf einen anonymen Informanten in einem kommunalen Unternehmen, nach Ende des CDU-Zukunftskongresses in Bonn 2006 habe es ein Abendessen im kleineren Kreis gegeben. "Für eine fünfstellige Summe wurde man sogar am Tisch von Rüttgers platziert", zitierte die Zeitung ihren Informanten. Die Landes-CDU widersprach dem Bericht. "Die Darstellung ist falsch", sagte ein Parteisprecher am Sonntag.
Die Grünen in Berlin fordern nach dem jüngsten Käuflichkeitsvorwurf eine Überprüfung der Praxis nach dem Parteiengesetz. Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) müsse die Sponsor- und Spendenpraxis der Landes-CDU überprüfen, verlangte der Parlamentarische Geschäftsführer der Bundestagsfraktion, Volker Beck.
"Das hat nicht nur ein Geschmäckle, das grenzt an Korruption"
SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles kritisierte: "Rüttgers ist offensichtlich käuflich." Für den Parlamentarischen Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Thomas Oppermann, ist "das nichts anderes als die Anbahnung politischer Korruption", wie er der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" sagte.
Auch der Verfassungsrechtler Hans Herbert von Arnim hat Angebote an Sponsoren, Politikergespräche zu kaufen, scharf kritisiert. Wenn man die Schreiben der CDU ernst nehme, "dann hat das nicht nur ein Geschmäckle, sondern grenzt an Korruption", sagte von Arnim der in Hannover erscheinenden "Neuen Presse". Illegal sei dabei nicht die Spende, sondern "wenn als Gegenleistung der Zugang zur Regierung versprochen wird". Arnim räumte allerdings ein, dies werde schwer zu beweisen sein, besonders wenn Regierungsmitglieder selbst von dem Vorgang gar nichts gewusst hätten.
Der designierte Linken-Vorsitzende Klaus Ernst verlangte in einer Erklärung: Praktiken wie der Verkauf von Politiker-Gesprächen "müssen per Gesetz als verdeckte Parteispenden eingestuft werden."