Bundeskanzler Olaf Scholz äußerte sich in einer mit Spannung erwarteten Regierungserklärung zur Haushaltskrise. Die anschließende Debatte versprach Zündstoff. Und niemand wurde enttäuscht. Lesen Sie hier die Highlights aus unserem Liveblog.
Die Erwartung war hoch. "Der Bundeskanzler muss eine grundlegende Wende seiner Politik ankündigen", forderte Unionsfraktionschef Friedrich Merz (CDU). "Ich erwarte eine zweite Zeitenwende-Rede mit wesentlichen Korrekturen."
Soviel vorab. Das wurde es nicht.
In einer Regierungserklärung vor dem Bundestag äußerte sich Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zu den Folgen des Karlsruher Haushalts-Urteils für die Politik seiner Regierung. Nach der auf 25 Minuten angesetzten Rede des Kanzlers ging die Opposition erwartungsgemäß hart mit der Haushaltspolitik von Scholz' Regierung ins Gericht.
Am Montag hatte das Bundeskabinett einen Nachtragshaushalt verabschiedet, der die Finanzplanung für das laufende Jahr nachträglich auf eine grundgesetzkonforme Grundlage stellen soll. Über diesen Entwurf soll der Bundestag erstmals am Freitag beraten. Die Opposition rief Scholz auf, seine Regierungserklärung für einen Kurswechsel zu nutzen. Der dachte gar nicht erst daran.
Der Richterspruch habe "Klarheit" geschaffen, begann Scholz seine Regierungserklärung, vieles im Umgang mit der Schuldenbremse sei bisher "eher nicht eindeutig geklärt" gewesen – dafür erntete der Kanzler höhnisches Gelächter aus den Oppositionsreihen. Wissenschaftlich sei die Diskussion vielleicht nicht beendet, aber politisch, sagte Scholz. Das Gericht habe das "letzte Wort", so sei es "gute, demokratische Tradition". Mit dem Wissen von heute hätte man im Winter 2021 "andere Wege" beschritten, sagte der Bundeskanzler.
Der Kanzler versprach: "Wir stellen sicher, dass der laufende Haushalt 2023 allen Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts entspricht.“ Die Bürgerinnen und Bürger als auch die Wirtschaft bräuchten "in unruhigen Zeiten" Klarheit. "Wir lassen niemanden allein", und brachte dann seinen Klassiker: "You'll never walk alone". Das habe er im vergangenen Jahr versprochen und dabei bleibe es auch.
Unionsfraktionschef Friedrich Merz widersprach erwartungsgemäß heftig. Mit dem Urteil sei der Haushalt der Ampel wie ein "Kartenhaus" zusammengefallen, kritisierte Merz.
Merz forderte Scholz zu einem "Wort des Bedauerns, wenn nicht der Entschuldigung" auf und legte nach: "Herr Bundeskanzler, Sie wissen doch sonst immer alles". Der Oppositionschef griff den Kanzler mehrfach direkt an. Er nannte Scholz einen "Klempner der Macht". Sein Job als Kanzler sei ihm "mindestens zwei Schuhgrößen" zu groß, fügte Merz dann noch hinzu.
Das Wichtigste aus der Bundespolitik auf einen Blick
Lesen Sie hier die Highlights aus der knapp zwei stündigen Bundestagsdebatte.
Jan Rosenkranz
Mit diesen wegweisenden Worten blenden wir uns aus der Bundestagsdebatte aus. Fazit: Eines der heftigeren Wortgefechte dieser 21. Legislaturperiode. Der Kanzler hat vorgelegt mit einer Regierungserklärung, die erwartungsgemäß verlief. Scholz bleibt Scholz: Diese Regierung macht alles richtig. Es folgte ein bisweilen derber Gedankenaustausch zwischen Politikern der Koalitionsfraktionen und der Opposition. Doch wer bei Fraktionschefs von SPD, Grünen und FDP genau hinhörte, konnte durchaus zu dem Schluss kommen: So schnell werden die sich beim Haushalt 2024 nicht einig werden.
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Jan Rosenkranz
Ein kleiner Paukenschlag zum Schluss: Alexander Dobrindt erwartet vom Kanzler Führung. Und was er darunter versteht, sagt er auch gleich noch: Scholz solle die Ampel auflösen.
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Lisa Becke
"Die Ampel ist ein Schuldensüchtiger, den man bei der Beschaffungskriminalität erwischt hat", sagt Dobrindt.
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Florian Schillat
Scholz blickt etwas erloschen bis gelangweilt ins Plenum, während Dobrindt die Regierungsbank mit scharfer Kritik überzieht. Dann zückt er seine Lesebrille, wischt über's Smartphone. Der Kanzler kennt Dobrindts Anwürfe möglicherweise schon – etwa aus der "Anne Will"-Sendung vor einer Woche…
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Lisa Becke
Dobrindt attestiert der Regierung "Arroganz und Respektlosigkeit" im Umgang mit dem Urteil aus Karlsruhe, eine Entschuldigung habe man nicht gehört. Die Süddeutsche Zeitung habe recht, wenn sie schreibe "Die Trickser" - das sei das Prädikat der Ampelregierung, die "Betrug" an der Schuldenbremse begangen habe, so der CSU-Politiker.
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Jan Rosenkranz
Dobrindt nimmt Fahrt auf: Die Ampel habe sich "Milliardenschulden in den Vorratskeller gelegt" - und dann aller Welt weismachen wollen, sie halte die Schuldenbremse ein. Das sei keine Trickserei, sondern Betrug. Das Verfassungsgericht habe darum nicht allein diese Staatspraxis verurteilt, sondern das "System Scholz".
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Benedikt Becker
Der SPD-Fraktionschef ist durch. Jetzt kommt CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt. Prognose: Auch der kommt selten ohne Pointen und Kalauer aus.
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Benedikt Becker
Man entscheide nicht nur über das Budget, sagt Mützenich. "In diesen Tagen entscheiden wir auch über ein verlässliches Maß an sozialer Gerechtigkeit."
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Benedikt Becker
"Andere zum Sündenbock zu machen, werde ich nicht zulassen", sagt Mützenich. Staatssekretär Werner Gatzer habe nur technisch umgesetzt, was politisch gewollt gewesen sei.
Zum Hintergrund: Werner Gatzer ist - mit kurzer Unterbrechung - seit 2005 Haushaltsstaatssekretär im Finanzministerium, er diente vier Ministern von drei Parteien. Vergangene Woche hat Christian Lindner entschieden, Gatzer zum Jahresende in den Ruhestand zu versetzen. Das konnte man natürlich so interpretieren: Da muss jetzt einer als Bauernopfer herhalten.
Mehr über Werner Gatzer lesen Sie in diesem Porträt meines Kollegen Nico Fried. Spoiler: Er macht auch als Fußballfan gerade harte Zeiten durch.
Mützenich sagt's nochmal: Es brauche "grundsätzliche Korrekturen an der Gestaltung der Schuldenbremse". Er fragt ins Plenum: Reiche das Instrument aus, um die Zukunft des Landes zu gestalten – "oder hat nicht sogar die Schuldenbremse diese Haushaltsführung provoziert? Diese Frage darf man auch stellen“. Darf man schon. Trotzdem: Am Urteil aus Karlsruhe ändert das nichts.
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Benedikt Becker
Mützenich wirbt dafür, den Haushalt 2024 noch in diesem Jahr zu verabschieden. Meine Prognose: Wenn er an der Notlage festhält und die FDP sich ebenfalls nicht bewegt, tja nun, dann wird das wohl nix.
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Benedikt Becker
"Ich finde schon, dass wir politisch reagieren müssen", sagt Mützenich. Es gäbe viele Gründe, dass die Lage nicht normal sei.
Schon in den vergangenen Tagen hatte er immer wieder dafür geworben, auch für 2024 die Notlage zu erklären, um mehr Schulden aufnehmen zu können.
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Jan Rosenkranz
Hören Sie das kollektive Aufatmen im Land? "Das ist kein Staatsbankrott", stellt Rolf Mützenich klar - und der SPD-Frakrtionschef hat natürlich Recht. Aber keinen Haushalt zu haben, ist jetzt auch nicht so optimal.
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Florian Schillat
Der Richterspruch sei "ein deutlicher Rückschlag" gewesen und "auch für mich eine Ernüchterung“, sagt Mützenich. Freude oder Häme, wie er ihn "von den Klägern" (also der Union) wahrgenommen habe, seien nicht angebracht – das werde den Herausforderungen der Zukunft nicht gerecht. Mützenich: "Wenn die Zeiten, keine normalen Zeiten sind, dann kann es auch keinen normalen Haushalt geben."
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Benedikt Becker
Bartsch ist durch, jetzt spricht Rolf Mützenich, SPD-Fraktionschef.