"Das ist ganz was Außergewöhnliches", freut sich Marktls Bürgermeister Hubert Gschwendtner seit Wochen, "ein Jahrhundertereignis". Die rund 2.000 Zugangskarten für den Marktplatz sind vergeben, vor allem an Einheimische. Die Freude über den Besuch von Papst Benedikt XVI. in seinem Geburtsort ist riesengroß und wird auch von der Farbbeutel-Attacke auf das Geburtshaus des Papstes nicht geschmälert. Die blaue Farbe, die ein Unbekannter am frühen Sonntagmorgen auf das frisch renovierte gelb-weiße Gebäude gespritzt hatte, wurde über Nacht überstrichen.
Geburtshaus wurde renoviert
Jetzt strahlt Marktls größte Attraktion wieder in vollem Glanz. Damit das so bleibt, bis Benedikt XVI. eintrifft, steht ein Polizist vor dem Haus. "Wie kann jemand so etwas nur machen?", schimpft Susanne Woiwode über die Farbattacke. Erst vor wenigen Tagen war das Gerüst vom Haus entfernt worden. In wochenlanger Arbeit wurde das 260 Jahre alte denkmalgeschützte Gebäude vor dem Papstbesuch renoviert. Wände, Fenster und Läden erhielten einen frischen Anstrich. Möglichst originalgetreu soll das Haus außen und innen hergerichtet werden, so wie es im Geburtsjahr des Papstes 1927 aussah. Jean-Paul Bünchenbach, der zum Papstbesuch extra aus Luxemburg angereist ist, vermisst Blumenschmuck an dem Haus.
Viele andere Gebäude in Marktl sind dagegen festlich mit Blumen dekoriert. Überall hängen gelb-weiße Fahnen aus den Fenstern. Immer wieder fahren Polizeiautos durch die kleinen Gassen. Ab 10 Uhr füllen sich langsam die Straßen. Eine Tribüne wird aufgebaut, auf der schon bald das 60-köpfige Orchester "Genesis" seinen Platz einnimmt. "Komm, sag es allen Leuten", "Singt mit mir Halleluja" und "Schwarze Madonna" sind einige der Lieder, die Leiter Martin Ott mit seinen Musikern einstudiert hat.
Der 50-jährige Pilot, der den Papst zurück nach Rom fliegen wird, dirigiert das Benefiz-Orchester seit rund 30 Jahren. Vier seiner sieben Kinder spielen auch mit. Seine Schwägerin Bettina Ott schreibt derweil in der Touristeninformation an Freunde und Verwandte Postkarten mit dem Bild des Papstes und der Aufschrift "Wer glaubt, ist nie allein". Die 39-Jährige kann sich noch gar nicht recht vorstellen, den Papst zu sehen. Doch ihre Freundin Bettina Stockemer ist überzeugt, dass es ein bleibendes Erlebnis wird. "Die Stimmung wird super sein, wenn die Menschen singen und den Papst freundlich und herzlich begrüßen. Ich glaube, das wird ganz toll."
Besucher hoffen auf besseren Blick Susanne Woiwode, die aus München nach Marktl gefahren ist, ist schon Stunden vorher ganz aufgeregt. "Ich habe mir extra für heute freigenommen, weil ich denke, dass die Chance viel größer ist, den Heiligen Vater hier in diesem kleinen Ort zu Gesicht zu bekommen als woanders", sagt die 46-Jährige.
Marktls wichtigste halbe Stunde
Jean-Paul Bünchenbach aus Luxemburg hat sein Zimmer in Marktl schon zwei Monate im Voraus gebucht, um beim Papstbesuch dabei sein zu können. In den vergangenen Tagen ging er den so genannten Papst-Weg, der zu wichtigen Kindheits-Station des Papstes wie Tittmoning oder Altötting führt. Der 60-Jährige war schon einmal in Marktl, als Joseph Ratzinger zum Papst gewählt wurde. "Da habe ich mir das Geburtshaus und den Ort angeschaut und wollte wissen, wo die Wurzeln des Papstes liegen", sagt Bünchenbach. Da konnte er fehlen, bei der wohl wichtigsten halben Stunde für Marktl.