Papst-Besuch Marktl und Altötting rüsten sich

Tausende von Touristen werden in Marktl und Altötting erwartet, wenn der Papst zu seinem Besuch eintrifft. Kein Personenkult soll es werden und dennoch ist der Spagat zwischen Pietät und Kommerz absehbar.

Äußerlich deutet im ostbayerischen Marktl noch wenig auf die in gut einer Woche anstehenden Stippvisite von Papst Benedikt XVI. in seinem Geburtsort hin. Sein Geburtshaus ist eingerüstet, blau-grüne Planen verdecken die Renovierungsarbeiten, die bis zum Festtag abgeschlossen sein sollen. Wenige Meter weiter sitzen Männer in Hausschuhen am Vormittag am Stammtisch und diskutieren über Gott und die Welt. Aber seit Joseph Ratzinger vor knapp eineinhalb Jahren zum Papst gewählt wurde, ist in dem kleinen Marktflecken zwischen Altötting und Burghausen ohnehin alles anders.

Die Zahl der Touristen hat sich seit der Papstwahl auf 200.000 nahezu verhundertfacht. In der kleinen Pfarrkirche St. Oswald, in der auch Ratzingers renovierter Taufstein steht, gibt es Hinweisschilder auf Englisch. Fremdenführer zeigen Touristengruppen das Zentrum und weisen sie auf spirituelle Ausstellungen im umgebauten Foyer des Bürgerhauses hin.

Tücher zum Winken

Der halbstündige Kurzbesuch am Abend des 11. Septembers ist der vorläufige Höhepunkt einer Entwicklung, die Bürgermeister Hubert Gschwendtner zum Medienprofi werden ließ. Gut ein Dutzend Termine erledigt er inzwischen täglich. Aus aller Welt interessieren sich Journalisten für Marktl - aus Russland, Lateinamerika und sogar von den Fidschi-Inseln. "Selbst Besuche von Erzbischöfen aus Luxemburg und den USA werden bei uns inzwischen routinemäßig abgehandelt, wo es anderswo große Empfänge gibt." Gschwendtner organisiert mit Dutzenden Helfern die Stippvisite des Papstes. Der Ortskern wird abgeriegelt, lediglich gut 2000 Einheimische werden den berühmtesten Sohn des Ortes im Zentrum Marktls zu Gesicht bekommen. Zusammen mit der Eintrittskarte erhalten sie rote, gelbe oder blaue Tücher - zum Winken und als Andenken. "Wer glaubt, ist nie allein - Papst Benedikt in Marktl 11. September 2006" steht darauf.

"Es soll kein Personenkult sein. Das wollen wir nicht, und das ist auch nicht im Sinne des Heiligen Vaters", sagt Gschwendtner. So wird die neue Bronzesäule zu Ehren Benedikts im Ortszentrum auch keine Büste des Oberhaupts der römisch-katholischen Kirche sein, sondern vor allem Texte des heiligen Benedikt und Ratzingers zeigen. Trotz der begrenzten Zuschauerzahl im Ortskern ist sich der Bürgermeister bewusst, dass über die Marktler hinaus viele Tausend Menschen kommen werden, um einen Blick auf Benedikt XVI. auf seinem Weg vom Zentrum zum Abflug zu erhaschen. Die Gemeinde pachtete riesige Felder an, um des Autoansturms Herr zu werden. Die Strecke zwischen seinem Geburtshaus und dem Sportplatz, wo der Hubschrauber wartet, legt Benedikt im Papamobil zurück.

Benedikt-Torten, Vatikan-Brot und Papst-Bier

Gschwendtner versucht sich mit seiner Politik an dem "Spagat zwischen Pietät und Kommerz". Das Geschenk an Benedikt solle folglich möglichst persönlich ausfallen: Marktler Bürger konnten sich für ein Buch mit dem Titel "Was ich Dir noch sagen möchte" fotografieren lassen und ihre Wünsche und Bitten an den Papst formulieren. Viel Kritik habe er einstecken müssen, als die Marktler Geschäftsleute bereits in der Nacht nach der Wahl Benedikts Profit daraus schlagen wollten. Sogar Drohanrufe habe er bekommen, sagte Gschwendtner. In drei Souvenirshops werden inzwischen Papst-Devotionalien angeboten - von der Pillendose bis zum Fingerhut trägt jedes Stück das Konterfei des Kirchenoberhaupts. Benedikt-Torten, Vatikan-Brot und Papst-Bier gibt es nach wie vor. "Manche Dinge haben wir inzwischen wegbekommen, da haben wir Gespräche geführt." So gibt es etwa in der örtlichen Metzgerei keine "Ratzinger-Bratwurst" mehr.

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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Altötting bleibt gelassen

Im benachbarten Wallfahrtsort Altötting, wo der Papst zwei Gottesdienste feiern wird, gibt sich die Spitze der Stadt gelassen. Am zentralen Kapellplatz errichten Bauarbeiter eine Bühne und eine Tribüne für Papstmesse inklusive Chor. Rund 600 mobile Toiletten werden aufgestellt und 3000 Verkehrszeichen, die Anreisenden den Weg weisen sollen. In der Kreisstadt stößt der Aufwand für den Besuch bisweilen auf Kritik. "Es wird zu viel Aufsehen gemacht", klagt Rosemarie Lachmann, die in einem Nachbardorf wohnt. "Überall wird gespart - und was das alles kostet!"

Bürgermeister Herbert Hofauer erwartet zwischen 50.000 und 60.000 Besucher in der Stadt, die rund 13.000 Einwohner zählt. "Bis 100.000 wäre alles kein Problem. Schließlich haben wir ja Erfahrung mit Papstbesuchen", sagt er. Benedikt ist bereits der dritte Papst, der die Stadt besucht. Im Jahr 1980 kam sein Amtsvorgänger Johannes Paul II., im 18. Jahrhundert Pius VI - der auf seiner Weiterreise nach Wien im Gasthof zur Alten Post in Marktl Rast machte.

Reuters
Jens Hack/Reuters

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