Reformdebatte Eichel will große Steuerreform, aber in Schritten

Bundesfinanzminister Hans Eichel hat sich für eine große Steuerreform im Sinne einer umfassenden Vereinfachung ausgesprochen, die in mehreren Schritten verwirklicht werden sollte.

"Die große Reform ist richtig als Perspektive", sagte Eichel am Donnerstag dem InfoRadio Berlin-Brandenburg. Allerdings werde man ein solches Vorhaben nicht schon 2005 umsetzen können. Man könne sich aber schon jetzt auf Leitlinien verständigen und erste Schritte im nächsten Jahr einleiten, ergänzte der Minister. Nach der Vorlage der Konzepte von CDU und CSU für eine große Reform forderte Eichel von der Union, sich auf ein Gesamtkonzept zu verständigen und einen Gesetzentwurf mit konkreten Finanzierungsvorschlägen vorzulegen. Dann könne man darüber reden. Der Vize-Vorsitzende der Unionsfraktion im Bundestag Friedrich Merz (CDU) äußerte sich im gleichen Sender verhalten optimistisch zu den Einigungschancen von CDU und CSU über das Konzept für eine große Steuerreform.

Steuerkonzept der CSU

Die CSU hatte am Vortag ihre Vorschläge vorgelegt. Darin sind bei einem linear-progressiven Tarifverlauf ein Eingangssteuersatz von 13 Prozent und ein Spitzensteuersatz von 39 Prozent bei Streichung vieler Steuervergünstigungen vorgesehen. Insgesamt soll das Modell Steuerentlastungen von netto 15,7 Milliarden Euro bringen. Dagegen sieht das von Merz erarbeitete CDU-Konzept ein Dreistufenmodell mit Steuersätzen von zwölf, 24 und 36 Prozent sowie ein Entlastungsvolumen von 24 Milliarden Euro vor.

Eichel für radikale Steuervereinfachung

Eichel sprach sich für eine radikale Steuervereinfachung mit dem einschneidenden Abbau von Ausnahmetatbeständen aus. Der Union warf er vor, dies in der Vergangenheit verhindert zu haben. Insofern sei sie mit ihren jetzt vorgelegten Konzepten unglaubwürdig. "Wir wollen ein radikal einfaches Steuerrecht."

Von der Union forderte Eichel wie auch schon Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD), sich erst einmal auf ein gemeinsames Konzept zu verständigen. Das müsse im Detail durchgerechnet sein und von den Ministerpräsidenten der Union mitgetragen werden. Die Union müsse einen entsprechenden, im Bundesrat mehrheitsfähigen Gesetzentwurf vorlegen. "Dann kann man darüber reden", sagte Eichel. Wichtig sei, Steuervergünstigungen so weit wie möglich abzubauen. Da sei die CSU hinter den Vorschlägen der CDU zurückgeblieben. Eine große Reform sei, anders als es CSU-Chef Edmund Stoiber fordere, allerdings kaum bereits für 2005 in Gänze umsetzbar.

Clement hegt Sympathien für das CSU-Konzept

Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) ließ Sympathien für das CSU-Konzept erkennen. Der Vorschlag der CSU liege der SPD näher als das CDU-Modell, sagte Clement der "Berliner Zeitung". Die endgültige Bewertung der Steuerkonzepte der Opposition hänge davon ab, wie weit man beim Abbau der Subventionen gehe. "Natürlich ist uns ein einfaches System lieber, das den Normalverdiener ohne Steuerberater auskommen lässt, aber es geht nicht ohne massiven Subventionsabbau."

Merz verteidigte im ZDF und im InfoRadio das von ihm ausgearbeitete CDU-Konzept. "Die CSU schlägt jetzt vor, dass 13 Ausnahmen von der Besteuerung gestrichen werden, wir haben im Einkommensteuergesetz aber 69 in einem Paragraphen. Das heißt, es sollen 56 bestehen bleiben, und das ist nicht meine Vorstellung davon, wie man eine wirklich durchgreifende Reform unseres Einkommensteuerrechtes machen kann", sagte Merz. Er forderte: "Wir müssen uns auf den Grundsatz einigen, dass es keine Ausnahmen von der Besteuerung mehr gibt und dass dann das Volumen, das daraus entsteht, ausschließlich dazu verwendet wird, die Steuersätze zu senken." Merz äußerte dennoch im Grundsatz zuversichtlich zu den Einigungschancen mit der CSU.

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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Kritik am Stufentarif

Der saarländische Ministerpräsident Peter Müller (CDU) sprach sich für Abstriche an dem CDU-Konzept aus. "Der linear progressive Tarif trägt natürlich dem Grundsatz, dass jeder nach seiner Leistungsfähigkeit besteuert werden soll, stärker Rechnung als ein wie auch immer gearteter Stufentarif", sagte Müller dem Deutschlandfunk. Verständnis äußerte er auch für das von der CSU verlangte Festhalten an der Pendlerpauschale.