Regierungsberater Merkel geht auf Distanz zu von Pierer

Die Bundesregierung setzt sich vom früheren Siemens-Chef Heinrich von Pierer ab. Nach Informationen der "Financial Times Deutschland" plant Kanzlerin Angela Merkel, von Pierer als obersten Innovationsberater der Regierung durch Ex-BMW-Chef Joachim Milberg zu ersetzen.

Die Personalie soll in einen Umbau des bisherigen Innovationsrats eingebettet werden, um den Eindruck einer Abberufung von Pierers zu vermeiden. Merkel hatte den hochrangig besetzen Beraterkreis 2006 ins Leben gerufen.

Im Zuge des Schmiergeldskandals war der langjährige Siemens-Chef vergangenen April als Aufsichtsratsvorsitzender zurückgetreten. Auf seine politische Tätigkeit hatte der Schritt keine Auswirkungen. Vielmehr zollte Merkel dem Manager damals ausdrücklich Respekt und stärkte ihn in seiner Tätigkeit als Berater. Der Meinungswandel im Kanzleramt ist vor dem Hintergrund von jüngsten Medienberichten zu sehen, nach denen von Pierer von den schwarzen Kassen in seinem Haus gewusst haben soll. Der 67-Jährige bestreitet jede Kenntnis. Die Regierung verweigerte auch am Montag einen Kommentar zur Siemens-Affäre. Ein Sprecher Merkels sagte aber, man werde "die Struktur des Innovationsrats diskutieren".

Merkel erwägt offenbar, die Zahl der wissenschaftlichen Beratungsgremien zu reduzieren und Milberg auf diesem Wege zum Chefberater der Regierung aufzubauen. Der 65-Jährige stand von 1999 bis 2004 an der BMW-Spitze und wechselte anschließend in den Aufsichtsrat. Der promovierte Ingenieur und frühere Professor an der Technischen Universität München gehört dem Innovationsrat zurzeit als einfaches Mitglied an. Forschungsministerin Annette Schavan unterhält ein Beratergremium, dem Milberg vorsitzt.

Die Münchner Staatsanwaltschaft sieht derweil weiterhin keinen Anlass für Ermittlungen gegen von Pierer. Falls er schon früher von schwarzen Kassen und Bestechung gewusst habe, hätte er sich zwar grob fahrlässig verhalten, sagte der Leiter der Behörde, Christian Schmidt-Sommerfeld, der Nachrichtenagentur AP. Aus strafrechtlicher Sicht sei das aber nicht relevant.

Berichte über Ermittlungen gegen den früheren Siemens-Topmanager Uriel Sharef bestätigte die Staatsanwaltschaft. Sharef hatte von 1996 an die Sparte für Energieübertragung geleitet und war 2000 zudem in den Zentralvorstand gerückt.

Von Pierer, der vor einigen Jahren sogar als möglicher Kandidat für das Amt des Bundespräsidenten gegolten hatte, hält sich seit seinem Ausscheiden bei Siemens mit öffentlichen Auftritten zurück. Allerdings sitzt er weiterhin in den Aufsichtsräten von Münchener Rück, ThyssenKrupp, Volkswagen und Deutscher Bank. Auf der Hauptsversammlung des Frankfurter Geldinstituts im Mai will er sich zur Wiederwahl stellen.

FTD