Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) gerät wegen ihrer Doktorarbeit zunehmend in Erklärungsnöte. Ein Gutachter wirft ihr nach Medienberichten bewusste Täuschung vor. Es ergebe sich das "charakteristische Bild einer plagiierenden Vorgehensweise", stellte der Prüfer der Universität Düsseldorf fest, wie das Nachrichtenmagazin "Spiegel" und die "Süddeutsche Zeitung" (SZ) am Sonntag übereinstimmend aus der Analyse zitierten.
In mehreren Interviews wies Schavan diesen Vorwurf zurück. "Ich habe zu keinem Zeitpunkt bei der Arbeit an meiner Dissertation versucht zu täuschen", sagte sie der "Rheinischen Post". "Sobald mir der Promotionsausschuss Gelegenheit dazu gibt, werde ich zu den Vorwürfen Stellung nehmen", kündigte die CDU-Politikerin an.
"Ich lasse mir das nicht bieten", sagte Schavan der "Südwest Presse". Zwar könne sie sich nach mehr als 30 Jahren "natürlich nicht mehr an alle Einzelheiten genau erinnern". Sie habe aber eine Quelle gehabt, sagte Schavan und äußerte sich überzeugt, dass von den Vorwürfen "nichts übrig bleibt".
Sie kritisierte zugleich das Bekanntwerden von Einzelheiten des Gutachtens: "Es ist ein bemerkenswerter Vorgang, dass ein vertrauliches Gutachten eines Hochschullehrers der Presse vorliegt, bevor die Betroffene von der Existenz des Gutachtens weiß", so Schavan in der "Rheinischen Post".
Opposition sieht Ministerin beschädigt
Aus Sicht des SPD-Bildungspolitikers Ernst Dieter Rossmann muss die Ministerin zurücktreten, wenn sie den Doktortitel verlieren sollte. "Es wird eng", sagte er der "Berliner Zeitung" zu den neuen Vorwürfen. "Denn das ist nicht mehr nur ein anonymer Plagiate-Rechercheur, sondern die Hochschule, die zu einem Meinungsbild kommt."
Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Renate Künast sieht Schavan schon jetzt beschädigt: Noch habe diese ihr Amt formal inne, "aber die Glaubwürdigkeit, die sie für eine gute Amtsführung braucht, hat sie schon verloren", sagte Künast der "Rheinischen Post. Es sei "beschämend, dass Schavan die Sache aussitzen will".
Fakultätsrat fällt Urteil
Die Düsseldorfer Heinrich-Heine-Universität überprüft seit mehreren Monaten Schavans Doktorarbeit aus dem Jahr 1980 auf Plagiatsvorwürfe. Wie "Spiegel" und "SZ" berichten, hat der Gutachter Stefan Rohrbacher auf 60 von 351 Seiten Mängel gefunden. "Eine leitende Täuschungsabsicht ist nicht nur angesichts der allgemeinen Muster des Gesamtbildes, sondern auch aufgrund der spezifischen Merkmale einer signifikanten Mehrzahl von Befundstellen zu konstatieren", heißt es demnach in der vertraulichen Analyse.
Allerdings sei noch nicht sicher, ob Schavan ihren Doktortitel verliere. Die Entscheidung treffe nach Auskunft der Universität Düsseldorf in den kommenden Tagen der Fakultätsrat auf Grundlage des Berichts.