Schülerzeitung "Viel selbst machen lassen"

Von Sarah Benecke
Für die acht Redakteure der Schülerzeitung "Meck Martin" ist ihre Arbeit eine Herausforderung. Doch sie trägt dazu bei, Verhaltens- oder Lernprobleme zu verbessern - und ganz nebenbei sind sie auch noch stolz darauf.

Einmal in der Woche sitzt Helmut Zillober im Computerraum. Um ihn herum scharen sich acht junge Menschen. Sie wollen eine Zeitung machen, sind schreibwütig, kreativ und hungrig auf neue Themen. Ein ganzes Jahr lang waren sie fleißig; jetzt, Anfang Juli, soll die neue Ausgabe ihrer Schülerzeitung "Meck-Martin" erscheinen. Hundert Seiten voller Reportagen, Interviews und Kritiken. Lehrer Zillober ist sichtlich stolz auf seine Schützlinge: "Wir versuchen, die Schüler möglichst viel selbst machen zu lassen", sagt er und hört sich optimistisch an. Denn seine Taktik scheint zu funktioneren.

Das Alter spielt keine Rolle

Die Zeitung ist zwar eine Pflicht-AG, Noten gibt es aber nicht. Ihre Motivation schöpfen Schüler wie Lehrer aus dem Ergebnis eines Jahres voller Arbeit: Der Zeitung zum anfassen, dick, bebildert, prall gefüllt mit den unterschiedlichsten Geschichten aus dem Leben. Da können alle Alterstufen gemeinsam ihr Werk feiern, denn die Redaktion ist bunt zusammengewürfelt aus Fünft- bis Neuntklässlern. Alter spielt hier keine Rolle - und das hat seine Vorteile. "Die drei Älteren helfen den Kleinen oft und arbeiten sie ein", erzählt Zillober. "Anfangs muss man die bei Interviews noch begleiten, später machen sie das ganz alleine". Auch die Themen bestimmen die Schüler selber. Schulleiter Walter Falke meint: "Unsere Schülerzeitung ist von Schülern gemacht - da ist alles authentisch".

Eigentlich. Die beiden zuständigen Lehrer, Helmut Zillober und seine Kollegin Christiane Wech leiten schließlich die Zeitungs-AG und können "verändernd eingreifen". Immer, wenn sie es für nötig halten. Schulleiter Walter Falke bekommt zudem die Texte auf den Tisch, bevor sie gedruckt werden. Wie hält er es mit Zensur? "Freie Meinungsäußerung ist ein wesentlicher Baustein der Demokratie", sagt er mit überzeugter Stimme. "Kritische Beiträge über unsere Schule würde ich nicht zensieren." Bisher sei allerdings auch noch keine harsche Kritik aufgetaucht - "aber in der nächsten Ausgabe vielleicht". Nur einmal hat Falke bis jetzt verhindert, dass ein Artikel veröffentlicht wurde. Es ging um sexuelle Gewalt. An der Schule sei da gerade etwas vorgefallen, der Text habe nicht in die Situation gepasst.

Selbständigkeit Stück für Stück

Die Schüler beschweren sich nicht. Viele haben mit Verhaltens- oder Lernschwierigkeiten zu kämpfen; ohne die Unterstützung der Lehrer wäre die Produktion einer Schülerzeitung wahrscheinlich nicht machbar. So aber hat die Arbeit an Artikeln, Fotos und das Ordnen neuer Ideen einen weit größeren Lerneffekt als die bloße Verbesserung ihres Schreibstils. Die acht Redakteure müssen viel untereinander kommunizieren, sie sitzen fremden Menschen in Interviews gegenüber und übernehmen immer mehr Verantwortung. Stück für Stück erlernen sie die Selbständigkeit. Trotzdem bleiben etliche Aufgaben abseits vom Inhalt den Lehrern vorbehalten. Die Anzeigenaquise zum Beispiel, aber da hätten sie "mittlerweile eine Stammkundschaft". Herrscht in der Kasse mal gähnende Leere, springt der Förderverein der Martinschule rettend ein, damit das Projekt nicht in Existenznöte schlittert. Auch das Layouten, die Gestaltung der Fotos und Texte, ist noch Lehrersache - aus dem einfachen Grund, dass die Technik hier nicht mitmacht. Die schuleigenen Computer sind zu alt, auf ihnen lässt sich das nötige Programm nicht installieren. Helmut Zillober kämpft gerade dafür, dass dieser technische Rückstand behoben wird. Dann könnten die Schüler ihre Zeitung letztlich in Eigenregie gestalten - und vielleicht noch mehr Preise abräumen. Letztes Jahr ergatterte "Meck Martin" beim Schülerzeitungswettbewerb der Länder bereits den ersten Platz.

Acht Jahre gibt es die Zeitung nun schon, sie hat ganz klein angefangen. Heute ist die Redaktion mit Digitalkameras und modernen Diktiergeräten ausgestattet. Es wird längst nicht mehr in mühsamer Handarbeit kopiert, das Budget sieht mittlerweile anders aus. Am Ende eines jeden Schuljahres wird der "Meck Martin" nun frisch aus der Druckerei abgeholt. Dann dürfen auch die Schüler ihr Werk in den Händen halten - und stolz darauf sein.