Bundespräsident Christian Wulff hat die Europäische Zentralbank in der Schuldenkrise scharf kritisiert - und erntet Zustimmung. Die Linke-Vorsitzende Gesine Lötzsch sagte, Wulff habe Kanzlerin Angela Merkel mit der Rede "drei schallende Ohrfeigen" versetzt. Er habe festgestellt, dass die Kosten der Krise nicht fair auf die Gesellschaft verteilt würden, dass die Kanzlerin sich von den globalen Finanzmärkten treiben lasse und dass sie kein Konzept für die Lösung der Krise habe.
Unionsfraktionsvize Wolfgang Bosbach meinte, er sei doch nicht der Einzige, der die Frage stellt, ob das auf Dauer gut gehen könne. Der Bundespräsident habe aber sicher nicht der Regierung das Leben schwer machen, sondern dem Ausdruck verleihen wollen, was die Bürger im Land ohnehin denken.
Nach Einschätzung des Parteienforschers Gerd Langguth kann die Kritik Kanzlerin Angela Merkel sogar eher nutzen als schaden. Wulff habe vor allem den Aufkauf von Schrottpapieren durch die Europäische Zentralbank für falsch erklärt, betonte Langguth in der "Passauer Neuen Presse". "Beim Euro lässt Wulff präsidialen Dampf ab. Das kann die Kanzlerin als an den Gipfel-Verhandlungen Beteiligte so nicht", sagte Langguth, der Professor an der Universität Bonn ist.
Wulff hatte gesagt, der massive Aufkauf von Anleihen einzelner Staaten durch die EZB sei politisch und rechtlich bedenklich und deutliche Kritik an der Politik vieler Regierungen in der Krise geübt. "Die Versündigung an der jungen Generation muss ein Ende haben", so der Bundespräsident am Mittwoch bei einer Konferenz von Wirtschafts-Nobelpreisträgern in Lindau am Bodensee. Immer neue Schulden zu machen könne auf Dauer nicht gut gehen. Weiter sagte Wulff: "Ich persönlich empfinde Verantwortung für meine 17-jährige Tochter und meinen dreijährigen Sohn, dass wir heute Entscheidungen treffen, dass sie später in Jahrzehnten in etwa so leben dürfen und können, wie wir es heute können."