Ethische Debatte Mehrheit verfehlt: Gesetzentwürfe zu Neuregelung der Sterbehilfe scheitern im Bundestag

Ein Mann, der sich am Ende seines Lebens die Option zum Suizid offenhalten möchte, sitzt in seiner Wohnung
Das Bundesverfassungsgericht hatte 2020 ein seit 2015 bestehendes Verbot der geschäftsmäßigen Sterbehilfe gekippt. Drei Jahre später hat sich der Bundestag noch immer nicht für einen Rechtsrahmen entschieden (Symbolbild) 
© Karl-Josef Hildenbrand / DPA
Nach dem wegweisenden Urteil des Bundesverfassungsgerichts sollte das Parlament nachziehen. Zwei Vorschläge zum Sterbehilfe-Gesetz lagen auf dem Tisch – keiner davon fand im Bundestag eine Mehrheit. 

Eine gesetzliche Regelung zur Sterbehilfe in Deutschland ist vorerst gescheitert. Im Bundestag verfehlten zwei dafür vorgelegte Entwürfe mit Bedingungen und Voraussetzungen am Donnerstag jeweils eine Mehrheit. Abgelehnt wurde zunächst ein Vorschlag für eine striktere Regelung im Strafgesetzbuch. Für den Entwurf einer Gruppe um die Abgeordneten Lars Castellucci (SPD) und Ansgar Heveling (CDU) stimmten 304 Parlamentarier, mit Nein votierten 363, es gab 23 Enthaltungen. Der konkurrierende Entwurf einer Gruppe um Katrin Helling-Plahr (FDP) und Renate Künast (Grüne) bekam dann 287 Ja-Stimmen, es gab aber 375 Nein-Stimmen und 20 Enthaltungen.

Hintergrund der Initiativen ist ein wegweisendes Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 2020, das ein seit 2015 bestehendes Verbot der geschäftsmäßigen Sterbehilfe im Strafgesetzbuch gekippt hatte – weil es das Recht des Einzelnen auf selbstbestimmtes Sterben verletzte. "Geschäftsmäßig" hat dabei nichts mit Geld zu tun, sondern bedeutet "auf Wiederholung angelegt". Das Urteil stieß eine Tür für organisierte Angebote auf – aber ausdrücklich auch mit Regulierungsmöglichkeiten.

Keine gesetzliche Regelung für Sterbehilfe in Deutschland

Gut drei Jahre nach einem wegweisenden Urteil sollte der Bundestag über Gesetzentwürfe abstimmen. Die zwei Abgeordnetengruppen hatten Regelungsvorschläge dazu vorgelegt, über die ohne Fraktionsvorgaben entschieden wurde (der stern berichtete vorab). Beide Vorstöße sollten Bedingungen und Voraussetzungen zu Fristen und Beratungspflichten festlegen, um eine Suizidhilfe für Volljährige zu regeln.

Der Vorschlag der Gruppe um Helling-Plahr zielte darauf, dass Ärzte Arzneimittel zur Selbsttötung grundsätzlich unter Voraussetzungen verschreiben dürfen. Der Vorschlag der Gruppe um Castellucci sah hingegen eine grundsätzliche Strafbarkeit vor, aber mit geregelten Ausnahmen. Möglich sein sollte Hilfe zum Suizid in beiden Entwürfen nur für Volljährige. Vorgesehen sind auch unterschiedlich gestaltete Fristen und Beratungspflichten. Die Erfolgsaussichten der beiden Vorschläge waren vorab ungewiss. Beide Gruppen hatten Unterstützerinnen und Unterstützer gesammelt und warben um weitere Abgeordnete.

Aktuell existiert in Deutschland keine gesetzliche Regelung zur Sterbehilfe. Sie ist straffrei möglich, seit das Verfassungsgericht das Verbot der geschäftsmäßigen Sterbehilfe gekippt hat. Dass es gesetzliche Regeln für den assistierten Suizid braucht, war allerdings unstrittig. 

DPA
yks

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