Die katholische und protestantische Kirche kritisieren die Bundesregierung erneut massiv wegen des Exports von Kriegswaffen in alle Welt. Die Kritik richtet sich vor allem gegen sogenannte Streubomben. "Die Streubomben sollten nicht hergestellt und exportiert werden", forderte jetzt Prälat Stephan Reimers, einer der beiden Co-Vorsitzenden der Gemeinsamen Konferenz Kirche und Entwicklung (GKKE), im Gespräch mit stern.de. Es sei inkonsequent, wenn die Bundesregierung "auf der einen Seite sagt, die Bundeswehr wird solche Waffen nicht einsetzen, auf der anderen Seite darf unser Land dann solche Waffen exportieren".
Aus der Sicht der Kirchen, so Reimers, der Ende der siebziger Jahre für die CDU im Bundestag saß, "wird zu viel exportiert." Die Praxis sei nicht restriktiv und dann "wird auch in Spannungsgebiete geliefert". Das Argument, dass die Rüstungsindustrie auch Arbeitsplätze sichere, lässt Reimers nicht gelten. "Es sind nur.0,3 Prozent des Exports überhaupt, das heißt, man kann nicht sagen, dass für Deutschland die Welt zusammenbrechen würde, wenn man diesen Bereich etwas kleiner hält."
Waffenexporte Deutschlands stark gestiegen
Die Kirchen sind seit Jahren scharfe Kritiker der Rüstungsexportpolitik der Bundesregierung. Zwar habe die Große Koalition sich in ihrem Koalitionsvertrag selbst darauf verpflichtet, deutsche Rüstungsexporte restriktiv zu handhaben. Aber das ist nach Einschätzung der GKKE ein Versprechen ohne Wert gewesen. So seien 2006 gegenüber 2005 die Waffenexporte um 1,5 Milliarden Euro auf 7,7 Milliarden gestiegen. Gleichwohl beharrte Regierungssprecher Wilhelm noch vor Kurzem darauf, Deutschland habe eine sehr restriktive Genehmigungspraxis. Dabei liegt Deutschland weit vor Frankreich (3,9 Milliarden) und Großbritannien (2,39 Milliarden).
Unbestrittene Tatsache ist jedoch, dass Deutschland hinter den USA und Russland der drittgrößte Rüstungsexporteur der Welt ist. Unter den Empfängerländern sind zahlreiche Staaten, in denen die Beachtung der Menschenrechte keineswegs gesichert ist, obwohl dies ein wichtiger Maßstab bei der Genehmigung durch die Bundesrepublik sein soll. Geliefert wird zum Beispiel auch nach Pakistan. Problematisch ist vor allem, dass es so gut wie keine Kontrolle der Ausfuhrgenehmigung durch den Bundestag gibt. Die Entscheidungen fallen im Bundessicherheitsrat, der nur vertraulich tagt. Exportberichte der Regierung erfolgen nur mit zeitlichem Abstand zu den Lieferungen. Der Bundestag hat außerdem die letzten vier Berichte nicht diskutiert. Die Kirchen betrachten dies als "Armutszeugnis" des Parlaments.
Bundesrepublik gegen generelles Verbot von deutschen Streubomben
Ein besonders umstrittenes Kapitel in diesem Zusammenhang ist das Thema Streubomben. Auf der jüngsten internationalen Konferenz zum Verbot von Streubomben in Wien hat sich die Bundesrepublik geweigert, sich für ein generelles Verbot dieser Waffen auszusprechen. Sie steht auf dem Standpunkt, dass in Deutschland hergestellte Streubomben, die in viele Länder exportiert werden, nur sehr wenige Blindgänger produzierten. Die Blindgängerquote liege unter einem Prozent. Daher würden nach ihrem Einsatz auch keine Zivilisten und spielende Kinder gefährdet. Experten widersprechen dieser Behauptung. Österreichs Außenministerin Ursula Plassnik sagte in Wien: "98 Prozent der Opfer sind Zivilisten, 40 Prozent davon Kinder."