Stoiber auf Abschiedstour Ohne mich ist alles nichts

Von Rupp Doinet, München
Es war seine 25. Regierungserklärung und wohl auch seine letzte. Kurz vor seinem Abschied als Ministerpräsident hat Edmund Stoiber noch einmal die Werbetrommel gerührt - für Bayern, aber vor allem für sich. Seinen Nachfolger würdigte er mit nicht einmal einem ganzen Satz.

Am Ende, da hatten sie ihn wieder richtig lieb. Alle standen sie auf, die 124 Männer und Frauen der CSU-Fraktion im bayerischen Landtag, 248 Hände applaudierten, als gäbe es Freibier auf Lebenszeit. Und ganz vorne stand, den Blick nach schräg oben einer höheren Macht zugewandt, ihr Vorsitzender, der bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber. Der hatte gerade "Gott mit dir, du Land der Bayern", gesagt und: "Die CSU ist stark und ich wünsche mir, dass es dabei bleibt."

Das war das Ende der 25. und letzten Regierungserklärung des Mannes, den seine eigene Partei im Januar zum Rückzug als Regierungschef und Parteivorsitzenden gezwungen hatte. Eine Stunde lang hatte Stoiber zuvor Bayern und der Welt erklärt, was mit ihm alles verloren geht und was unter ihm alles noch viel toller geworden wäre, wenn er nur gedurft hätte. "Bayern 2020" heißt sein Vermächtnis, das er der Fraktion hinterlässt. 1,5 Milliarden für Technologie, Wissenschaft Ganztagsschulen und Kinderbetreuung. Aber das muss nun sein designierter Nachfolger Günter Beckstein verwirklichen, falls er das kann, was der noch amtierende Oberbayer offenbar sehr bezweifelt.

Edi, also ICH, gibt noch einmal alles

Noch einmal hat "Edi, Edi, Edi" alles geboten: Eine Rede, die auch den Titel "ICH" verdient hätte, inklusive der unvermeidbaren "äähs" und des obligatorischen Verhasplers, als er der Opposition vorrechnete, in Bayern regiere seit 1947 die CSU, was allerdings nachweisbar zehn Jahre zu viel ist.

Es war aber auch eine dieser "Mir-san-mir-Reden" wie sie zwischen Spessart und Karwendel auf der Abschiedstournee Stoibers immer wieder zu hören sind. Bayern ein Land der Superlative, das von allen beneidet wird, an dem sich "Rüttgers, Koch und Wolf orientieren" und das sich allenfalls an Indien misst, oder China, wo "pro Jahr 500.000 Ingenieure ausgebildet werden". Ein Land voller "Leuchtturmprojekte", mit dem "solidesten Haushalt", mit Imigrantenkindern, die schon in der Schule lernen, was "Ostern, Pfingsten und Weihnachten bedeuten", natürlich der CSU als einzig echter und wahrer Volkspartei und einer Opposition, die nun auch schon ein halbes Jahrhundert im Amt ist und der Edmund Stoiber mit den Worten "weiter so" ganz "herzlich gratuliert".

Jeder Atemzug begleitet von frenetischem Beifall

Es ist ein bisschen stiller als sonst im Plenum, wo früher fast schon jeder Atemzug Stoibers mit frenetischem Beifall begleitet wurde. Auch auf der Regierungsbank, wo die Minister mit dem Redemanuskript in der Hand Stoibers "gesprochenes Wort" mit der Vorlage vergleichen, halten sich die Emotionen während seiner Rede in Grenzen. Nur Günther Beckstein, sein Nachfolger als Ministerpräsident, pocht manchmal zustimmend auf Holz, während der Noch-Landesvater redet.

Aber das kann auch daran liegen, dass er unmittelbar links neben dem Rednerpult Stoibers sitzt, während Erwin Huber, der mit Horst Seehofer und der "schönen", leider aber äußerst selbstbewussten Fürther Landrätin Pauli, um den Posten des CSU-Vorsitzenden konkurriert, so weit rechts außen sitzt, dass er es sich leisten kann, gelangweilt zu gucken. Aber dann steht auch er und applaudiert.

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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Danach lichten sich sehr schnell die Reihen der CSU, denn nun hat Franz Maget, der Fraktionsvorsitzende der SPD das Recht zu reden und Maget hat ein paar Fragen.

Nämlich: Warum Stoiber gehen muss? Warum ihn die eigene Fraktion zum Rücktritt zwang, "wenn er es so gut gemacht hat" und "wo doch nicht mal der KGB die Gründe dafür gefunden hat". Und warum der Landesvater im Bemühen um die Zukunft Bayerns "25 Männer und eine Frau" in eine Kreativ-Kommission berief und nicht die eigene Fraktion. Aber das, so vermutet der Oppositionsführer, sei vielleicht auch klug gewesen vom Edmund Stoiber, weil die Fraktion nicht so bedenkenlos die hartnäckig abgelehnten Anträge der SPD übernommen hätte wie es die Kommission tat. Schade nur, dass es in der Politik kein Copyright gebe. Danach wurde Maget versöhnlich und wünschte der Familie Stoiber "viel Glück mit Ihnen".

Drei schmallippige Worte für Beckstein

Am Donnerstag soll mit der Nominierung Günther Becksteins als neuem Ministerpräsidenten die Partei auf die Zeit der Nach-Stoiber-Ära "eingenordet" werden. Das geschieht gegen den ausdrücklichen Willen des noch amtierenden Oberbayern, der bis zur allerletzten Stunde das Sagen haben wollte. Seinem Nachfolger widmete er am Ende seiner Regierungserklärung lediglich drei schmallippige Worte: "Glück, Fortune und Erfolg".