Terrorbekämpfung Verbale Schläge für das "Konvertiten-Register"

Harsche Kritik von allen Seiten haben die Vorschläge hervorgerufen, alle zum Islam konvertierenden Menschen zu registrieren. Die Idee sei "Giftmüll", hieß es aus Reihen der SPD. Unions-Fraktionsvize Wolfgang Bosbach behauptet indes, diesen Vorschlag gar nicht gemacht zu haben.

Auf heftigen Widerspruch aus allen Parteien ist die Idee eines Registers für zum Islam Übergetretene gestoßen. Unions-Fraktionsvize Wolfgang Bosbach (CDU), dem dieser Vorstoß als Mittel im Antiterrorkampf zugeschrieben wurde, bestritt, einen solchen Vorschlag überhaupt gemacht zu haben. Unter den in der vergangenen Woche verhafteten drei mutmaßlichen Terroristen sind zwei zum Islam übergetretene Deutsche.

Bosbach will's nicht gesagt haben

Bosbach wies in mehreren Medien Berichte zurück, wonach er im Bayerischen Fernsehen die Einführung eines "Konvertiten"-Registers gefordert habe. "Ein Register für alle Konvertiten habe ich weder gefordert, noch halte ich die Einführung einer solchen Datei für sinnvoll", sagte er der "Kölnischen/Bonner Rundschau".

Ein Redaktionsbüro hatte am Dienstagabend im Auftrag des Bayerischen Rundfunks Bosbach aus der "Münchner Runde" mit dem Satz zitiert: "Ein Konvertiten-Register ist sinnvoll, denn wir wissen, dass sich einige nach dem Übertritt radikalisieren lassen." Bosbach sagte dazu der dpa: "Diesen Satz habe ich nicht gesagt." Es sei ihm nicht um Konvertiten gegangen, sondern "um die kleine Gruppe der Gefährder, die Kontakt zur militanten islamistischen Szene gesucht haben".

"Nicht alle über einen Kamm scheren"

Ein "Konvertiten-Registers" wertete der SPD-Innenexperte Dieter Wiefelspütz in der "Netzeitung" als Unfug und Giftmüll. Schleswig- Holsteins Innenminister Ralf Stegner (SPD) nannte die Idee dumm. "Man kann nicht eine ganze Glaubensgruppe diskreditieren. Das geht nicht", sagte er dem "Kölner Stadt-Anzeiger" (Donnerstag).

Der nordrhein-westfälische Innenminister Ingo Wolf (FDP) warnte: "Es gibt keinen sachlichen Grund, alle Konvertiten über einen Kamm zu scheren." Man müsse allerdings ein Auge auf einzelne, zumeist jüngere Konvertiten haben, die in islamistische Kreise geraten. Darauf hätten sich die Sicherheitsbehörden aber bereits eingestellt. Der FDP- Bundestagsabgeordnete Max Stadler sagte, ein solches Register wäre mit einer freiheitlichen Gesellschaft nicht zu vereinbaren. Der Linke-Abgeordnete Jan Korte sprach von einem direkten Angriff auf die im Grundgesetz garantierte Religionsfreiheit. Für den Parlamentarischen Geschäftsführer der Grünen, Volker Beck, wäre dies verfassungswidrig und abwegig.

Widerspruch kam auch aus der Union. Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann (CDU) sagte: "Wir brauchen keine neue Kartei für Konvertiten." Die Möglichkeiten der Anti-Terror-Datei reichten aus. Darin können Sicherheitsbehörden unter anderem Angaben zur Religionszugehörigkeit speichern. Bayerns Innenminister Günther Beckstein sagte hingegen: "Dass von radikalisierten Konvertiten eine ernsthafte Gefahr für die Sicherheit in Deutschland ausgeht, kann nach der Vereitelung der geplanten Terroranschläge in jüngster Zeit niemand bestreiten."

Der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime in Deutschland, Ayyub Axel Köhler, sagte der Hörfunkagentur dpa/Rufa, mit einer Registrierung von Übertritten zum Islam würden Konvertiten "amtlich unter Generalverdacht gestellt".

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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Festnahmen in Österreich

Die österreichischen Behörden nahmen am Mittwoch zwei Männer und eine Frau mit Al-Kaida-Hintergrund fest. Sie sollen an der Produktion eines Videos mit Drohungen gegen Deutschland und Österreich beteiligt gewesen sein. Darin waren die Regierungen in Berlin und Wien zum Abzug ihrer Truppen aus Afghanistan aufgefordert worden. Nach Angaben eines Sprechers des Innenministeriums in Wien gibt es zwischen dem Trio und den jüngsten Festnahmen Terrorverdächtiger in Deutschland und Dänemark keinen Zusammenhang.

Drohungen der Islamischen Dshihad Union

Die "Islamische Dschihad Union", die sich im Internet zu den geplanten Terroranschlägen bekannte, drohte Deutschland: "Sie müssen verstehen, dass Sie zum Anschlagziel werden, wenn sie ihre hinterhältigen Aktionen gegen den Islam nicht einstellen." Experten des Bundesinnenministeriums hatten das Bekenntnis am Dienstag als authentisch bewertet.

Nach am Mittwoch bekannt gewordenen Einzelheiten werden die drei Verhafteten darin als "unsere Brüder" bezeichnet. Die Terroristen wollten mit Anschlägen gegen den US-Luftwaffenstützpunkt Ramstein sowie Konsulate der USA und Usbekistans nach eigenen Worten erreichen, dass Deutschland den Luftwaffenstützpunkt Termes in Usbekistan schließt, der für den deutschen Afghanistaneinsatz benutzt wird.

Offen blieb, weshalb sich die usbekische Terrorgruppe zu verhinderten Anschlägen bekennt und weshalb das Bekennerschreiben in türkischer und nicht in usbekischer Sprache verfasst ist. Ein westlicher Experten mit langjähriger Usbekistan-Erfahrung sagte, es gebe in dem Land keine Wurzeln für radikalen Islam. Es könne aber durchaus sein, dass Usbeken von Pakistan aus agierten.

AP
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