Die Europäische Charta für Pressefreiheit, die wir Ende Mai
in Hamburg lanciert hatten, liegt jetzt auch dem Europarat vor. Gestern durfte
ich sie in Luxemburg dem gegenwärtigen Vorsitzenden des Ministerrats des Europarats
überreichen, dem slowenischen Außenminister Samuel Zbogar.
Schon Anfang Juni hatte der Initiator der Charta, Hans-Ulrich
Jörges aus der stern-Chefredaktion, die Charta in Brüssel der EU-Kommissarin
Viviane Reding vorgelegt. Jetzt war der Europarat dran, der – wie natürlich jeder
weiß - nicht mit der EU verwechselt werden darf. Ihm gehören mit Russland,
Moldawien, Aserbeidschan, Armenien und Georgien auch Länder an, in denen kritischen
Journalisten das Leben besonders schwer gemacht wird – falls sie es nicht sogar
verlieren.
Zbogar nahm die Charta gestern im Plenarsaal des Luxemburger
Parlaments in Empfang. Dort tagte der Unterausschuss für Medien der
Parlamentarischen Versammlung des Europarats und diskutierte die Lage der
Pressefreiheit in Ost- und Westeuropa. Während ein Bericht des britischen
Journalisten William Horsley die Abgeordneten über wachsende Probleme in Ost
wie West warnte, waren die Volksvertreter eher weniger besorgt. Die Schweizer
Nationalrätin Doris Fiala fand gar, in Westeuropa sei die Pressefreiheit doch
gesichert – trotz all der zusätzlichen Überwachungstechniken, die den
Staatsapparaten im Kampf gegen den Terror in den vergangenen Jahren zufielen.
Woran es mangele, fand Fiala dagegen, sei das Verantwortungsgefühl mancher
Journalisten. Was sei, wenn die Medien Anschuldigungen zu Unrecht erhöben? Die
gleiche Klage führte die Luxemburger Parlamentarierin Anne Brasseur.
Horsley antwortete, dass zumindest in Großbritannien strenge
Gesetze gegen Verleumdung gelten. Ähnliches gilt auch in Deutschland, wie ich
später versuchte Fiala zu erklären.
Aber Politiker sind halt nicht die natürlichen Verbündeten
des kritischen Journalismus. Umso wichtiger, dass die Medienleute selbst für
ihre Rechte eintreten. So wie das mit der Charta geschieht, die inzwischen von
fast 500 Kollegen aus ganz Europa unterschrieben wurde.
Der Vorsitzende des Medienkomitees, der Labourpolitiker
Andrew McIntosh aus Großbritannien, scheint immerhin einiges mehr an
Problembewusstsein zu besitzen, als manche seiner Ausschusskollegen. Er drängte
darauf, wie geplant einen kritischen Bericht zur Lage der Pressefreiheit zu
verabschieden.
Als ihn Experte Horsley mit „Lord“ ansprach, verbat er sich
übrigens diese Anrede und drohte jedem mit seinem Krückstock, der sie doch
gebrauche.

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Der Mann scheint also durchsetzungsstark.