Überfahrener Teenager Polizisten weisen Mitschuld zurück

In Lübeck stehen zwei Polizisten vor Gericht, weil sie einen betrunkenen 18-Jährigen angeblich auf einer Landstraße ausgesetzt haben sollen. Dort wurde er dann überfahren. Die Beamten sagen, der Schüler habe keinen hilflosen Eindruck gemacht.

Im Prozess um den Unfalltod eines Schülers haben zwei Polizeibeamte vor dem Landgericht Lübeck (Schleswig-Holstein) alle Vorwürfe zurückgewiesen. Für sie sei dies ein Routineeinsatz gewesen. Niemand habe absehen können, dass er so tragisch enden würde, sagten beide zu Prozessbeginn. Die Beamten sollen laut Anklage Ende 2002 einen betrunkenen 18-Jährigen in hilflosem Zustand auf einer Landstraße bei Lübeck ausgesetzt haben. Dort wurde er kurz darauf von einem Auto überfahren und getötet. Die Polizisten beteuerten, der Jugendliche habe auf sie damals keinen hilflosen Eindruck gemacht.

Die Eltern des getöteten Schülers hatten diesen Prozess mit einem Antrag beim Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgericht erzwingen müssen. Staatsanwaltschaft und Generalstaatsanwalt hatten die Ermittlungen zunächst eingestellt. Die Polizisten schilderten, sie hatten den Gymnasiasten in der Nähe einer Discothek in Groß Weeden bei Ratzeburg aufgegriffen. Dort hatte der Teenager bei Anwohnern geklingelt und behauptet, dies sei sein Elternhaus. Die herbeigerufenen Beamten beschlossen, den Jungen nach Hause nach Lübeck zu fahren. "Unterwegs bat er uns, ihn aussteigen zu lassen. Er sagte, er schäme sich vor den Nachbarn, wenn die Polizei ihn heimbringt", erinnerte sich einer der Angeklagten. Sein Kollege ergänzte, der Jugendliche habe einen vernünftigen Eindruck gemacht.

Fast zwei Promille im Blut

Dennoch hatte der Jugendliche laut eines gerichtsmedizinischen Gutachtens mehr als 1,9 Promille Alkohol im Blut. Rund eineinhalb Stunden bevor er zu den Angeklagten in den Streifenwagen stieg, war er in Groß Weeden bewusstlos zusammengebrochen. "Er war nicht ansprechbar und reagierte auf gar nichts", berichteten die Polizisten, die ihn am Straßenrand gefunden hatten. Doch noch während sie auf den Rettungswagen warteten, sei der Junge wieder zu sich gekommen und habe sich mit den Polizisten unterhalten, als sei nichts gewesen. Er habe es abgelehnt, sich ins Krankenhaus bringen zu lassen.

Unklar ist, warum der junge Mann sich später auf einem unbeleuchteten Teil der Landstraße auf die Fahrbahn kauerte. Die Polizei habe wegen dieser Umstände zunächst auch Selbstmord nicht ausgeschlossen, berichtete ein Beamter des Verkehrsunfalldienstes. Zudem geht es um die Frage, ob der Jugendliche tatsächlich auf eigenen Wunsch aus dem Streifenwagen stieg oder die beiden Angeklagten einfach einen hartnäckigen Störer loswerden wollten, wie es die Staatsanwaltschaft inzwischen vermutet. Der Prozess wird an diesem Freitag fortgesetzt.

DPA
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