Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat seinen Ruf nach einer weit gefassten Dienstpflicht im Militär und der Zivilgesellschaft bekräftigt. "Nach meiner Überzeugung, lassen Sie mich das sagen, wäre langfristig eine Pflichtzeit für alle am gerechtesten, die die einen bei der Bundeswehr, die anderen in sozialen Bereichen verrichten", sagte er bei einem feierlichen Gelöbnis zum 70. Gründungstag der Bundeswehr.
Bundeswehr feiert Jubiläum
Die Bundeswehr brauche nun mehr Männer und Frauen und dafür verlässliche Verfahren, sagte Steinmeier. Er betonte, dass mit dem neuen Wehrdienstgesetz richtige Schritte dahin in Kürze gegangen würden. Der Bundespräsident würdigte die Bundeswehr, die tief verankert im freiheitlichen Gemeinwesen und "Armee unserer Demokratie" sei.
Auf dem Platz zwischen dem Bundeskanzleramt und Gebäuden des Bundestages waren 280 Rekrutinnen und Rekruten angetreten. Sie gelobten, "der Bundesrepublik Deutschland treu zu dienen und das Recht und die Freiheit des deutschen Volkes tapfer zu verteidigen".
Der 12. November 1955 gilt als Geburtsstunde der Bundeswehr. Der frisch ernannte Verteidigungsminister Theodor Blank überreichte damals in der Bonner Ermekeilkaserne nach kurzen Begrüßungsworten den ersten Freiwilligen der neuen deutschen Streitkräfte Ernennungsurkunden.
Steinmeier erinnerte an diese Aufbauzeit. Deutschland habe 1955 im Wort gestanden, bis zu 500.000 Soldaten für das westliche Verteidigungsbündnis aufzubieten. Sie sollten binnen drei Jahren einsatzbereit zur Verfügung stehen. Mit Freiwilligen allein sei das nicht zu schaffen gewesen, aber schon damals habe es eine Debatte um die Einführung einer allgemeinen Wehrpflicht gegeben.
Grundgesetz sieht Wehrpflicht nur für Männer vor
Er betonte die Bedeutung einer glaubhaften militärischen Abschreckung angesichts der Bedrohung durch Russland. Wie schon bei der Gründung der Bundeswehr gebe es einen hohen Zeitdruck. Entscheidend sei, auch Infrastruktur und die Widerstandsfähigkeit als Gesellschaft insgesamt zu stärken. Das werde Deutschland viel abverlangen in den kommenden Jahren.
Realistisch ist die Umsetzung einer "Pflichtzeit für alle" derweil nicht. Das Grundgesetz sieht ausschließlich einen Wehr- oder Ersatzdienst für Männer vor. Um auch Frauen einziehen zu können, bedürfte es einer Verfassungsänderung. Eine notwendige Zweidrittelmehrheit dafür gibt es derzeit nicht.