Auswertung der New York Times Tweet-Analyse: Was Trumps eigentliche Stärke (und Schwäche) ist

Brandmarken statt promoten: Donald Trump auf Twitter
Auf Twitter zeigt Donald Trump erfolgreich auf andere, diskreditiert sie - nur die Promo für seine Politik bleibt auf der Strecke.
© dpa
Donald Trump ist versiert darin, seine politischen Gegner zu diskreditieren - aber nicht, seine eigene Politik zu promoten. Das ergibt eine Analyse der "New York Times", die den Twitter-Account des US-Präsidenten über zwei Jahre hinweg beobachtet hat.  

Er sei fleißig, effektiv, fast schon ein Meister seines Fachs - die "New York Times" findet heute ungewöhnlich positive Worte für Donald Trump. Zumindest auf den ersten Blick. Denn die renommierte US-Zeitung spricht dem Präsidenten höchstens ein zweifelhaftes Lob aus: "Mr. Trump ist viel besser darin, seinen Gegnern einen Stempel aufzudrücken als seiner Politik", urteilt das Blatt. "Und er betreibt einen wesentlich höheren Aufwand, andere zu verspotten, als seine Agenda zu promoten."

Zwei Jahre lang hat die "New York Times" die Tweets von Donald Trump analysiert. Diese ließen zwar kein allumfassendes Fazit über seine Kommunikationsstrategie zu, dafür aber ein Muster erkennen: Donald Trump sei seit der Bekanntgabe seiner Kandidatur im Juni 2015 immer geschickter darin geworden, seine politischen Gegner gezielt zu diskreditieren. Trumps Twitter-Account sei dafür berühmt und berüchtigt, habe seinen Wahlkampf damit sogar entscheidend vorangetrieben. 

"Crooked Hillary"

Als fast schon offensichtliches Paradebeispiel führt die US-Zeitung Hillary Clinton an, die mit Trump um die Präsidentschaft kandidiert hat. In zahlreichen Tweets bezeichnete er seine Konkurrentin als "crooked Hillary" (frei übersetzt: betrügerische Hillary) - wie demonstrativ, veranschaulicht die "NYT" anhand einer Texttafel von Trumps Tweets. Ein Marketing-Experte erkenne darin Methode: Indem Trump diese Konnotation mit "dem Produkt" (also Hillary) immer wieder fallen lässt, fangen die "Konsumenten" an es zu glauben. Ähnlich sei es bei seinen republikanischen Herausforderern "Lyin' Ted Cruz" (zu deutsch: dem lügenden Ted Cruz) und "lightweight Marco Rubio" (Leichtgewicht Marco Rubio) gewesen.

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Donald Trump und die "Fake News"

Auch unliebsamer Berichterstattung habe der US-Präsident ein Label aufgedrückt - der "New York Times" inklusive. Ob "Fake News", "dishonest" oder "failing": Trump versuche mit Reizwörtern wie diesen den Eindruck zu erwecken, dass die Medienbranche im Großen und Ganzen unehrlich sei. Es gehe schon nicht mehr um einzelne Medien - sondern um die Identität eines ganzen Berufsstands.

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Ein sehr aktuelles Beispiel: die Krankenversicherung Obamacare, die Trump abschaffen will (und woran er vorerst gescheitert ist). Auf Twitter bezeichne er das Vermächtnis seines Amtvorgängers Barack Obama immer wieder als "total disaster" (absolutes Desaster) und "disastrous" (desaströs), wenn nicht sogar als "dead" (tot) oder "in a death spiral" (in einer Todesspirale). Es solle der Eindruck entstehen, dass Obamacare von Anfang an zum Scheitern verurteilt gewesen ist. 

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"NYT": eine "bemerkenswerte Fähigkeit", aber ... 

So effektiv seine Diskreditierungen auch sein mögen - was seine eigene politische Agenda betrifft, habe der US-Präsidenten von der Kommunikationsstrategie bisher kaum Gebrauch gemacht. So würden die Pläne für seine eigene Gesundheitsreform aufgrund unbedeutender Worthülsen wie "great" (großartig) oder "better" (besser) keinen Haken im Gedächtnis schlagen. Es dränge sich die Frage auf: Warum ist Donald Trump in dieser Hinsicht so handzahm?

Eine Möglichkeit sei, dass ihn Themen wie diese schlichtweg nicht so sehr interessieren würden. Eine andere, dass sich komplexe Sachverhalte nun mal nicht auf 140-Twitter-Zeichen runterbrechen lassen.

Beide Deutungen der "New York Times" sind plausibel.

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Warum Donald Trump ungern Hände schüttelt
fs