Chronologie Ein Schlüsselereignis der deutschen Geschichte

Die blutige Niederschlagung des Aufstandes im Juni 1953 zerstörte innerhalb weniger Stunden die Hoffnung der DDR-Bürger nach besseren Lebens- und Arbeitsbedingungen. Eine Chronologie.

Der Aufstand in der DDR vom 17. Juni 1953 war nicht auf den einen Tag beschränkt. Die wachsenden politischen Spannungen äußerten sich schon in den Vormonaten in vereinzelten Protestaktionen. Als Ausgangspunkt für den zunehmenden Unmut in der Bevölkerung werden die Beschlüsse der zweiten SED-Parteikonferenz ein Jahr vor dem Aufstand gesehen, die erst kurz vor der Revolte teilweise revidiert wurden. Die Unruhen selbst zogen sich über mehrere Tage. In Berlin, Leipzig und Halle wurde der Ausnahmezustand erst am 11. Juli aufgehoben. Hier eine Chronik:

9. bis 12. Juli 1952

Die SED beschließt auf ihrer zweiten Parteikonferenz den Aufbau des Sozialismus nach sowjetischem Vorbild. Unter anderem wird eine weitere Verstaatlichung von Betrieben, die Kollektivierung der Landwirtschaft und die zunehmende Militarisierung der Gesellschaft angeordnet. Die Beschlüsse führen zu einem Anschwellen des Flüchtlingsstroms in den Westen. 1952 verlassen 182.000 Ostdeutsche die DDR, im Krisenjahr 1953 sind es 331.000.

5. März 1953

Der Generalsekretär der Kommunistischen Partei der Sowjetunion, Josef W. Stalin, stirbt. Das SED-Zentralorgan "Neues Deutschland" titelt: "Das Herz des größten Menschen unserer Epoche, des Genossen J.W. Stalin, hat aufgehört zu schlagen."

14. Mai

Das SED-Zentralkomitee empfiehlt eine generelle Erhöhung der Arbeitsnormen um durchschnittlich mindestens zehn Prozent bis zum 1. Juni 1953. Wenige Tage später folgt ein entsprechender Beschluss des Ministerrats, in dem die Frist allerdings auf den 30. Juni korrigiert wird.

2. bis 4. Juni

Die sowjetische Führung beordert die SED-Spitze nach Moskau und verordnet ihr einen Kurswechsel. In einem Papier mit dem Titel "Über die Maßnahmen zur Gesundung der politischen Lage in der DDR" werden eine Reihe von Beschlüssen der zweiten SED-Parteikonferenz korrigiert oder relativiert.

9. Juni

Das Politbüro der SED setzt die Vorgaben aus Moskau in einem Kommunique um. Erstmals wird darin eingeräumt, "dass seitens der SED und der Regierung der Deutschen Demokratischen Republik in der Vergangenheit eine Reihe von Fehlern begangen wurden".

11. Juni

Der DDR-Ministerrat macht sich das Kommunique zu eigen.

13. Juni

Auf einem Betriebsausflug beschließen Bauarbeiter des Volkseigenen Betriebs Industriebau, am 15. Juni zu streiken.

15. Juni

Die Arbeiter der Baustelle Krankenhaus Friedrichshain in Berlin legen die Arbeit nieder. Noch am selben Tag schließen sich Kollegen der Großbaustelle Stalinallee dem Streik an.

16. Juni

Die Bauarbeiter tragen ihren Unmut auf die Straße. Schon am Morgen ziehen die ersten Demonstranten durch die Stalinallee. Auf einem Transparent fordern sie die Senkung der Arbeitsnormen. Gegen Mittag protestieren mindestens 10.000 Arbeiter und Passanten vor dem Haus der Ministerien an der Leipziger Straße. Die Rücknahme der Normenerhöhung durch die SED-Führung kann die Demonstranten nicht beschwichtigen. Sie fordern nun den Rücktritt der Regierung, freie und geheime Wahlen und die Freilassung politischer Gefangener. Für den nächsten Morgen wird zum Generalstreik und einer Großdemonstration aufgerufen.

17. Juni

In Berlin ziehen am Morgen 60.000 Menschen zum Haus der Ministerien. Dort schlägt die Demonstration in einen offenen Aufstand um. Noch am Vormittag fahren sowjetische Panzer auf, eine Stunde später fallen die ersten Schüsse, der Ausnahmezustand wird ausgerufen. Der Aufstand erfasst die gesamte DDR. Insgesamt beteiligen sich mehr als eine Million Menschen in rund 700 Städten und Gemeinden. In Halle, Bitterfeld und Görlitz übernehmen Streikkomitees sogar vorübergehend die Macht. Bis zum Abend wird der Aufstand allerdings von den DDR-Sicherheitskräften und der sowjetischen Armee weitgehend niedergeschlagen. Zwischen 50 und 125 Demonstranten sowie zehn bis 15 SED-Funktionäre und Sicherheitskräfte kommen ums Leben.

24. Juni

Die sowjetische Militärverwaltung hebt den Ausnahmezustand für die DDR abgesehen von 13 Großstädten auf.

2. Juli

Der Deutsche Bundestag erhebt den 17. Juni als "Tag der Deutschen Einheit" zum gesetzlichen Feiertag.

11. Juli

Der Ausnahmezustand in Berlin, Halle und Leipzig wird aufgehoben.

6. September 1955

Das letzte Strafverfahren in Zusammenhang mit dem 17. Juni wird abgeschlossen. Ein 26-jähriger Arbeiter wird zu einem Jahr und neun Monaten Haft verurteilt. Insgesamt werden schätzungsweise 1.800 Menschen von DDR-Gerichten und weitere 500 bis 750 von sowjetischen Gerichten verurteilt. Gegen zwei Demonstranten wird die Todesstrafe verhängt und vollstreckt. 18 Menschen werden von sowjetischen Soldaten standrechtlich erschossen.

DPA