Am 23. März 1933 billigte der Deutsche Reichstag in Berlin das so genannte Ermächtigungsgesetz, das dem Reichskanzler Adolf Hitler den Weg in die Diktatur ebnete. Mit der Zustimmung von 441 Abgeordneten und gegen das Votum der 94 SPD-Parlamentarier wurde sämtliche Staatsgewalt auf Hitlers nationalsozialistische Regierung übertragen.
Folgenschweres Wahlergebnis
Unter den Parteien, die neben der NSDAP dem Gesetz zustimmten, waren vor allem die Deutsche Zentrumspartei, die Bayerische Volkspartei und die Deutsche Staatspartei. Nach ihrer Geschichte und Programmatik können diese drei Parteien am ehesten als Vorläufer der heutigen Unionsparteien und der FDP bezeichnet werden. Allerdings ist die heutige FDP nach Auffassung von Parteiforschern keine direkte Nachfolgerin einer liberalen Partei aus Kaiserreich und Weimarer Republik, sie beruft sich aber gern auf die Reformtraditionen des Liberalismus im 19. Jahrhundert.
Zitat: "New York Times" vom 31.3.'33
"Es wäre sinnlos, wollte man versuchen, das tiefe Unbehagen zu verbergen, das die Nachricht aus Berlin bei allen Freunden Deutschlands hervorrufen muß. An die Spitze der deutschen Republik ist ein Mann gestellt worden, der sie öffentlich verhöhnt und geschworen hat, sie zu vernichten, sobald er die persönliche Diktatur errichtet hätte, die sich zum Ziel gesetzt zu haben er sich gerühmt hat."
Die 1870 gegründete Zentrumspartei stimmte dem Ermächtigungsgesetz nur mit erheblichen Bedenken und nach einer mündlichen Zusicherung Hitlers über eine zurückhaltende Anwendung des Gesetzes zu. Sie hatte sich zwischen Kaiserreich und Weimarer Republik von einer monarchistischen zu einer republikanischen Partei gewandelt und sah sich im damaligen Parteienspektrum als Partei der Mitte. In der Weimarer Republik war sie an Koalitionsregierungen mit SPD und Deutscher Demokratischer Partei (DDP) beteiligt. Auf Druck der Nazis löste sie sich im Juli 1933 auf. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde sie neu gegründet, blieb aber bedeutungslos. Die meisten Wähler fanden eine neue politische Heimat in CDU und CSU.
Die Bayerische Volkspartei war eine 1918 vom Zentrum abgespaltene bürgerliche Partei, die sich ihrem Namen entsprechend auf Bayern konzentrierte.
Die 1930 in Deutsche Staatspartei umbenannte DDP war 1918 als Sammelpartei für Links- und Nationalliberale gegründet worden. Wie SPD und Zentrum trat sie für die republikanische Staatsform ein. Sie verlor während der Weimarer Jahre laufend Wähler an linke und rechte Parteien, vor allem an die rechtsliberale Deutsche Volkspartei (DVP).
"Gesetz zur Behebung der Not von Volk und Reich"
(Auszüge aus dem Reichsgesetzblatt I S. 141)
Der Reichstag hat das folgende Gesetz beschlossen, das mit Zustimmung des Reichsrats hiermit verkündet wird, nachdem festgestellt ist, dass die Erfordernisse verfassungsändernder Gesetzgebung erfüllt sind:
Artikel 1
Reichsgesetze können außer in dem in der Reichsverfassung vorgesehenen Verfahren auch durch die Reichsregierung beschlossen werden. Dies gilt auch für die in den Artikeln 85 Abs. 2 und 87 der Reichsverfassung bezeichneten Gesetze.
Artikel 2
Die von der Reichsregierung beschlossenen Reichsgesetze können von der Reichsverfassung abweichen, soweit sie nicht die Einrichtung des Reichstags und des Reichsrats als solche zum Gegenstand haben. Die Rechte des Reichspräsidenten bleiben unberührt.
Artikel 3
Die von der Reichsregierung beschlossenen Reichsgesetze werden vom Reichskanzler ausgefertigt und im Reichsgesetzblatt verkündet. Sie treten, soweit sie nichts anderes bestimmen, mit dem auf die Verkündung folgenden Tage in Kraft. Die Artikel 68 bis 77 der Reichsverfassung finden auf die von der Reichsregierung beschlossenen Gesetze keine Anwendung.
Artikel 4
Verträge des Reichs mit fremden Staaten, die sich auf Gegenstände der Reichsgesetzgebung beziehen, bedürfen nicht der Zustimmung der an der Gesetzgebung beteiligten Körperschaften. Die Reichsregierung erlässt die zur Durchführung dieser Verträge erforderlichen Vorschriften.
Artikel 5
Dieses Gesetz tritt mit dem Tage seiner Verkündung in Kraft. Es tritt mit dem 1. April 1937 außer Kraft*; es tritt ferner außer Kraft, wenn die gegenwärtige Reichsregierung durch eine andere abgelöst wird.
Das unter der Kurzbezeichnung "Ermächtigungsgesetz" bekannte Gesetz wurde mehrfach verlängert (GBl. 1937 I S. 105, 1939 I S. 95), letztmalig am 10. 5. 1943 (RGBl. I S. 295).