Die Gewerkschafts-Affäre um den privaten Postdienst Pin Group bringt nun auch den ehemaligen Pin-Großaktionär Axel Springer in Bedrängnis. So hat das Management der mittlerweile insolventen Pin Group die Gewerkschaft der Neuen Brief- und Zustelldienste (GNBZ) nicht nur diskret finanziert, sondern sie im Herbst vergangenen Jahres sogar selbst ins Leben gerufen. Über die heiklen Gründungsmodalitäten der Marionetten-Organisation war der Vorstand des Springer-Konzern zumindest informiert, wenn er nicht sogar daran beteiligt war. Das berichtet der stern in seiner neuen, am Donnerstag erscheinenden Ausgabe.
Im Streit um den Mindestlohn sollte mit der GNBZ ein Konkurrent zu Verdi aufgebaut werden. Einmal berichtet das Pin-Management schriftlich an den Springer-Vorstandsvorsitzenden Mathias Döpfner, es sei mit der Gründung der Gewerkschaft schon recht weit, es fehle allerdings noch ein Vorsitzender.
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... im neuen stern. Darin: Springers grüne Hölle. Johannes Röhrig beschreibt, wie das Verlagshaus bei der Expansion ins Postgeschäft 600 Millionen Euro verlor und wie Pin eine Marionetten-Gewerkschaft gegründet und finanziert haben soll. Die Affäre bringt nun auch Springer-Chef Mathias Döpfner in Bedrängnis.
Brisante Mail wurde an Döpfner weitergeleitet
Ein anderes Mal wurde eine brisante Mail des Arbeitgeberverbandes Neue Brief- und Zustelldienste (Agv NBZ) an Döpfner weitergeleitet. In der Mail stellt der Verbands-Vize Bernd Jäger seinen Kollegen im Verbandsvorstand am 1. Oktober 2007 die Idee zur Diskussion, Pin und der niederländische Briefdienst TNT sollten eine "eigene Gewerkschaft gründen, mit der wir einen Tarifvertrag abschließen". Jäger empfiehlt, den Gewerkschaftsvorstand mit "vernünftigen Mitarbeitern zu besetzen."
Die Tatsache, dass neben dem Pin-Management zu jener Zeit offenbar auch andere auf die Idee mit der neuen Gewerkschaft gekommen sind, finde er "lustig", schreibt Springer-Chef Döpfner zurück: "Das Beste ist immer, viele Väter einer Idee zu haben."
Schriftverkehr von Springer indirekt bestätigt
Springer bestätigt die Existenz eines entsprechenden Schriftverkehrs indirekt und erklärt: "Selbstverständlich hatte der Vorstand der Axel Springer AG viel Sympathie für das Zustandekommen einer Gewerkschaft, weil dies die logische Voraussetzung für einen alternativen Tarifvertrag war. Deshalb haben wir uns auch gefreut, dass es 'viele Väter dieser Idee' gab." Einzelheiten der Gewerkschaftsbildung habe der Springer-Vorstand nicht gekannt. Auch die Finanzierung der GNBZ habe Springer nicht "veranlasst oder gebilligt".
Verbandsfunktionär Bernd Jäger vom Arbeitgeberlager gab an, er habe lediglich von einem "Brainstorming" berichten wollen; er sei in die Gründung der GNBZ nicht involviert gewesen.
Vor kurzem war bekannt geworden, dass Pin die Gewerkschaft GNBZ mit über 130.000 Euro gesponsert hatte. Die Staatsanwaltschaft Köln ermittelt in dem Fall wegen des Verdachts der Bestechlichkeit und der Untreue. Die Finanzierung war über eine Wirtschafts- und Steuerberatungsfirma in Köln abgewickelt worden, die damals das Pin-Management beriet. Diese Kanzlei hatte auch den ehemaligen Tengelmann-Manager Arno Doll für den Vorsitz der neuen Gewerkschaft angeworben. Das bestätigte Doll nun auf stern-Anfrage.