Änderung des eingetragenen Geschlechts Schottisches Regionalparlament stimmt für umstrittenes Gender-Gesetz – London kündigt Blockade an

Eine junge Frau und ein älterer Mann stehen sich gestikulierend gegenüber, beide mit Protestschildern
Befürworter:innen und Gegner:innen eines umstrittenen Gesetzesentwurfes zur Geschlechtsidentität treffen vor dem Parlament in Edinburgh, Schottland, aufeinander
© Jane Barlow/PA Wire/dpa
In Schottland hat das Regionalparlament nach einer tagelangen, hitzigen Debatte für einen Gesetzentwurf gestimmt, der die Änderung des eingetragenen Geschlechts vereinfachen soll. Die britische Regierung in London kündigte an, das Gesetz vor Inkrafttreten blockieren zu wollen. 

Das Regionalparlament in Schottland hat am Donnerstagabend für einen Gesetzentwurf gestimmt, mit dem die Änderung des offiziellen Geschlechtseintrags für trans Personen vereinfacht werden soll. Die finale Abstimmung hatte sich zuvor wegen Debatten über zahlreiche Änderungsanträge mehrfach verzögert. Der Gesetzentwurf ist umstritten und war in den letzten Wochen vor dem Parlamentsgebäude in Edinburgh von Protesten beider Seiten begleitet worden. Bei der Verkündung im schottischen Parlament gab es Jubeln, aber auch Protestrufe aus dem Zuschauerbereich.

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Die britische Regierung in London kündigte an, das Gesetz vor Inkrafttreten möglicherweise zu blockieren. "Wir teilen die Besorgnis vieler Menschen hinsichtlich bestimmter Aspekte dieses Gesetzentwurfs und im Besonderen den Sicherheitsbedenken für Frauen und Mädchen", teilte der britische Minister für Schottland, Alister Jack, mit. Die britische Regierung versuche laut Berichten des "Guardian" zunächst dafür zu sorgen, dass der Entwurf erneut geprüft werden müsse.

Änderung des Geschlechtseintrags soll in Schottland mit 16 Jahren beantragt werden können

Der Entwurf umfasst unter anderem, dass trans Menschen bereits mit 16 statt wie bisher mit 18 Jahren einen Antrag auf eine offizielle Anpassung ihres eingetragenen Geschlechts stellen können. In Schottland sind Personen ab 16 Jahren auch in anderen Bereichen rechtsfähig. Für eine offizielle Anpassung soll dann kein medizinisches Gutachten mehr nötig sein, wie auch in Deutschland mit dem Selbstbestimmungsgesetz geplant. Außerdem soll die Zeit, die eine Person mit einer Geschlechtsidentität gelebt haben soll, bis sie einen Antrag auf offizielle Änderung stellen kann, von zwei Jahren auf drei Monate und für 16-bis 17-Jährige auf sechs Monate verkürzt werden. 

Nach Ansicht einiger Gegner:innen gefährde der Gesetzentwurf potentiell die Sicherheit von Frauen und Mädchen. Einige befürchten, dass männliche Täter die Regelung ausnutzen könnten, die aus niederen Beweggründen in weibliche Räume wie Damentoiletten vordringen möchten. Ein Experte der UN, Victor Madrigal-Borloz, hatte laut Berichten des "Guardian" in einem Schreiben an die Regierung davor gewarnt, die Abstimmung über das Gesetz könne von "unfundierten, negativen Stereotypen" beeinflusst werden, die trans Frauen als "gewaltvoll oder bedrohlich" sehen.

Debatten über umstrittenen Gesetzentwurf

Eine der prominentesten Kritikerinnen ist J.K. Rowling. Die "Harry Potter"-Autorin, die schon häufiger durch transfeindliche Äußerungen für Aufruhr gesorgt hat, hatte sich im Vorfeld ebenfalls mehrfach via Twitter gegen den Gesetzentwurf ausgesprochen. Ihr Ehemann Neil Murray hatte sich zudem am Dienstagabend Protesten von Gegner:innen des Entwurfs vor dem schottischen Parlament angeschlossenen. Auch einige Abgeordnete der regierenden Schottischen Nationalpartei (SNP) sprachen sich gegen das Gesetz aus. Die SNP-Abgeordnete Ash Regan gab sogar aus Protest gegen den Vorschlag ihr Amt als Ministerin auf. Abgeordnete der Grünen, die mit der SNP kooperieren, sowie der Oppositionsparteien Labour und die Liberaldemokraten hatten größtenteils dafür gestimmt, weshalb dem Entwurf bereits vorab gute Chancen ausgerechnet wurden. Befürworter:innen, unter anderem Regierungschefin Nicola Sturgeon, argumentieren, dass der Gesetzentwurf die Rechte von trans Menschen stärke und die Rechte von Frauen nicht abgewertet würden. Sie hatte bereits vor sechs Jahren die Gesetzesänderung vorgeschlagen.

Gesetzentwurf könnte zu Rechtsstreit zwischen britischer und schottischer Regierung führen

Auf die britische Ankündigung, das Gesetz blockieren zu wollen, hieß es aus der schottischen Regierung, man werde einen solchen Schritt anfechten. In einem möglichen Rechtsstreit zwischen den Regierungen könnte auch erneut der britische Oberste Gerichtshof eingeschaltet werden. Erst im November hatte er entschieden, dass die schottische Regierung kein zweites Unabhängigkeitsreferendum durchführen darf.

ckön / mit DPA