Canberra, der Regierungssitz Australiens, brachte eine vielversprechende Nachricht hervor. Im Rahmen der Diskussion über eine größere politische Beteiligung der indigenen Bevölkerung konnte ein bedeutender Fortschritt erzielt werden: Das Abgeordnetenhaus hat sich mit überzeugender Mehrheit für ein Referendum zur Verfassungsänderung entschieden. Die Kampagne läuft unter dem Banner "Voice to Parliament" – Sollte eine Mehrheit der Abstimmenden zustimmen, würden die Ureinwohner endlich eine eigene Stimme im Parlament erlangen.
Unter den nahezu 26 Millionen Bewohnern des Kontinents zählen fast eine Million zu den Aborigines und den Torres-Strait-Insulanern, die indigene Bevölkerung der gleichnamigen Inseln. Sie bleiben politisch unrepräsentiert und sind oft aus der weißen Mehrheitsgesellschaft ausgeschlossen, leben am Rande des sozialen Lebens.
Die Initiative für das "Voice Referendum" ging vom Premierminister Anthony Albanese aus, der sie nach seinem Wahltriumph vor zwölf Monaten vorantrieb. Eine überwältigende Anzahl von 121 Parlamentariern stimmte für das Referendum, lediglich 25, hauptsächlich konservative Politiker, lehnten es ab. Linda Burney, die Ministerin für indigene Australier, machte deutlich, dass die politische Repräsentation der Aborigines insbesondere in den Bereichen Gesundheit, Bildung und Wohnen einen erheblichen Unterschied ausmachen würde. In diesen Sektoren erlebt die indigene Bevölkerung nach wie vor eine starke Benachteiligung.
Die angestrebte Verfassungsänderung sieht vor, dass zukünftig ein Beratungsgremium aus indigenen Australiern die Regierung bei Fragen, die die Ureinwohner betreffen, unterstützen soll. Die Mitglieder dieses Gremiums sollen von Vertretern der Aborigines benannt werden, nicht von der Regierung selbst. Bevor das Referendum stattfinden kann, muss jedoch noch der Senat, die zweite Kammer des Parlaments, seine Zustimmung geben. Ein genaues Datum für die Abstimmung steht noch aus, es wird jedoch erwartet, dass sie im Oktober oder November stattfinden wird.
Die Aborigines, die Australien bereits vor 65.000 Jahren besiedelten, haben eine turbulente Geschichte durchlebt. Mit der Ankunft der "First Fleet" aus England im Jahr 1788 und der darauf folgenden Kolonisierung wurden die Kinder der Aborigines Jahrzehnte lang ihren Familien entrissen und mussten in Heimen oder bei weißen Familien aufwachsen. Sie wurden als "gestohlene Generation" bekannt. Die Ureinwohner fanden in der Verfassung von 1901 keine Erwähnung und erhielten erst 1967 Bürgerrechte.