"No-fault"-Prinzip Rechte Aktivisten und Republikaner wollen moderne Scheidungsgesetze in den USA abschaffen

Ein streitendes Paar
Einige rechte und konservative Stimmen in den USA sind nicht mit den modernen Scheidungsgesetzen einverstanden (Symbolbild)
© Klaus-Dietmar Gabbert / Picture Alliance
Durch das "no-fault"-Prinzip kann man sich in den USA heutzutage scheiden lassen, ohne seinem Partner ein schuldhaftes Verhalten in der Ehe nachweisen zu müssen. Das war nicht immer so – und einige rechte und konservative Stimmen wollen die Zeit nun wieder zurückdrehen.

Nach den Abtreibungsgesetzen scheint in den USA ein weiteres Ziel auf die Agenda von rechten und konservativen Stimmen gerückt zu sein. Wie das US-amerikanische "Rolling Stone"-Magazin berichtet, klagen seit vergangenem Jahr immer mehr männliche, rechtsgerichtete Blogger und politische Kommentatoren über die modernen Scheidungsgesetze.

Das "no-fault"-Prinzip in den USA ermöglicht Scheidungen, ohne dass einer der beiden Parteien die Schuld für das Scheitern der Ehe nachgewiesen werden muss. Bis in die späten 60er Jahre mussten Personen, die sich von ihrem Ehepartner scheiden lassen wollten, ein explizit schuldhaftes Verhalten des Partners oder der Partnerin nachweisen – wie etwa Ehebruch oder Gewalt. Bis Kalifornien als erster US-Staat 1969 Scheidungen ohne die Schuldfrage erlaubte. Die anderen Bundesstaaten zogen später nach, New York als Letzter erst im Jahr 2010. In vielen Bundesstaaten können Paare sich aber aussuchen, ob sie eine Scheidung nach dem "no-fault"-Prinzip einreichen möchten oder nicht, in anderen gibt es nur diese Option. Teilweise gelten aber bestimmte Voraussetzungen, in Mississippi und South Dakota etwa sind Scheidungen ohne das Schuldprinzip nur möglich, wenn beide Seiten die Ehe beenden wollen.

Rechte Stimmen sehen "Institution Ehe" in den USA bedroht

Einige rechte und konservative Stimmen behaupten, die heutige Gesetzeslage bedrohe die traditionelle Ehe als Institution und mache es Frauen zu einfach, sich zu trennen, um sich dann am Geld ihrer Ex-Männer bereichern zu können – diese Ansichten verbreitet unter anderem der Podcaster Steven Crowder, dessen eigene Frau sich von ihm scheiden lässt. Aber nicht nur einige rechte Aktivisten und Blogger scheinen die Uhr bei den Scheidungsgesetzen zurückdrehen zu wollen. J.D. Vance, republikanischer Senator von Ohio, kritisierte laut Medienberichten in der Vergangenheit ebenfalls, in den USA sei es zu einfach, seine Partner auszuwechseln "wie Unterwäsche". Die republikanische Partei in Texas macht bereits seit vergangenem Jahr in einem Statement auf seiner Website deutlich, dass das geltende Gesetz geändert werden sollte, in Louisiana will die Partei nun laut Berichten des "Rolling Stone" nachziehen. In Texas könnte die republikanische Partei leichtes Spiel haben, wenn sie ihre Forderung tatsächlich in die Tat umsetzen will: die Amtsträger fast aller offiziell gewählten Ämter in Texas sind Republikaner, wie etwa alle Richter des höchsten Gerichts.

 

Die Scheidungsraten stiegen in den USA entsprechend, zumindest kurzfristig, nachdem Scheidungen durch das "no-fault" Prinzip in immer mehr Bundesstaaten möglich wurden. Gleichzeitig konnten Untersuchungen feststellen, dass in den entsprechenden Staaten die Suizidraten von Frauen abnahmen, und sie zudem weniger häufig Opfer von häuslicher Gewalt wurden oder von ihren Ehemännern ermordet wurden. Befürworter:innen argumentieren daher, dass moderne Scheidungsgesetze vor allem Frauen davor schützen, in Ehen bleiben zu müssen, in denen sie eventuell gefährdet sind. Heute werden in den USA etwa 70 Prozent aller jährlichen Scheidungen von Frauen eingereicht. 

ckön