Die Fluggesellschaft Air Berlin hat Insolvenzantrag gestellt. Der Flugbetrieb werde aber fortgeführt, teilte das Unternehmen am Dienstag mit. Nachdem Hauptaktionär Etihad erklärt habe, keine weitere finanzielle Unterstützung zur Verfügung zu stellen, sei man "zu dem Ergebnis gekommen, dass für die Air Berlin PLC keine positive Fortbestehensprognose mehr besteht", hieß es in einer Pflichtmitteilung an die Börse.
Vor diesem Hintergrund hätten sie beim zuständigen Amtsgericht Berlin-Charlottenburg einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung gestellt, teilte Air Berlin mit. Bei dieser Variante des Insolvenzverfahrens würde das Management des Unternehmens weiter die Geschäfte führen.
Lufthansa will Teile von Air Berlin übernehmen
"Es werden Verhandlungen mit Lufthansa und weiteren Beteiligten zur Veräußerung von Betriebsteilen geführt", teilte Air Berlin weiter mit. Die Bundesregierung unterstütze Air Berlin mit einem Übergangskredit, abgesichert durch eine Bundesbürgschaft, um den Flugbetrieb aufrecht zu erhalten.
Die Bundesregierung stellte nach eigenen Angaben einen Kredit in Höhe von 150 Millionen Euro zur Verfügung. "Der Flugbetrieb von Air Berlin kann in vollem Umfang fortgeführt werden. Eine Einstellung des Flugbetriebs wird so vermieden", hieß es. Nach Angaben von Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries kann durch den Kredit der Flugbetrieb noch rund drei Monate lang weitergehen.
Die Lufthansa teilte mit, sie wollte Teile von Air Berlin übernehmen und unterstütze gemeinsam mit der Bundesregierung die Restrukturierungsbemühungen der Fluggesellschaft. "Damit wird unter anderem gewährleistet, dass die von Air Berlin geleasten Flugzeuge, die aktuell für Eurowings und Austrian Airlines fliegen, wie bisher weiterbetrieben werden können." Die Verhandlungen über den Erwerb von Teilen der Air-Berlin-Gruppe böten auch die Möglichkeit zur Einstellung von Personal. "Lufthansa beabsichtigt, diese Verhandlungen zu einem schnellen und positiven Ergebnis zu führen."
Verkehrsminister Alexander Dobrindt teilte am Mittag bei einer Pressekonferenz mit, dass die Bundesregierung sei bereits Freitagnacht informiert worden war und bemüht sei, den aktuellen Flugbetrieb zu sichern. "Die Bundesregierung gewährt einen Brückenkredit von 150 Millionen Euro [...] und auch die Betriebsgenehmigung bleibt weiter gültig", erklärte Dobrindt. Damit sei der Flugbetrieb zunächst bis Ende November gesichert.
Mit Billigflieger-Boom groß geworden
Die 1978 gegründete Fluggesellschaft Air Berlin war mit dem Boom der Billigflieger groß geworden. Erfolg hatte Deutschlands zweitgrößte Airline zunächst mit Flügen von Berlin nach Mallorca. 2002 nahm sie Linienflüge in europäische Städte ins Programm. Nach einem radikalen Expansionskurs geriet das Unternehmen in eine Krise.
Seit 2008 schreibt Air Berlin - mit einer Ausnahme durch den Verkauf des Vielfliegerprogramms - rote Zahlen. Im vergangenen Jahr betrug der Verlust rund 782 Millionen Euro, der Schuldenberg wuchs auf knapp 1,2 Milliarden Euro. Jahrelang hielt der arabische Großaktionär Etihad, der 29,2 Prozent der Anteile besitzt, die Airline mit Finanzspritzen in der Luft. Nun begründet die arabische Fluggesellschaft Etihad das Ende ihrer Unterstützung mit der schlechten Lage bei Air Berlin. Das Geschäft habe sich zuletzt "rapide verschlechtert", teilte Etihad mit. Deshalb hätten "entscheidende Herausforderungen nicht bewältigt und alternative strategische Optionen nicht umgesetzt werden" können. "Unter diesen Gegebenheiten kann Etihad als Minderheitsgesellschafter keine weitere Finanzierung leisten, welche unsere Verbindlichkeiten erhöhen", stellte der Staatskonzern aus Abu Dhabi fest. Man sei "weiterhin bereit dabei zu unterstützen, eine kommerziell gangbare Lösung für alle Beteiligten zu finden".
"Urlauber müssen sich keine Sorgen machen"
Die Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit (VC) teilte mit, die Nachricht sei "für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Air Berlin, die seit Bestehen der Airline eine hervorragende Arbeit leisten, ein Schock". Etihad lasse Air Berlin "fallen wie eine heiße Kartoffel, obwohl neue Investoren Interesse signalisiert haben", kritisierte VC. "Hier zeigen die Investoren vom Golf ihr wahres Gesicht."
Der Berliner Senat reagierte "mit Bedauern" auf den Insolvenzantrag der Fluggesellschaft Air Berlin. "Der Senat ist sehr interessiert daran, dass die Arbeitsplätze so weit wie möglich erhalten bleiben", sagte Vize-Senatssprecher Julian Mieth. Positiv sei, dass der Flugbetrieb dank des Übergangskredits des Bundes vorerst weitergehen könne. "Menschen, die im Urlaub sind und mit Air Berlin zurückfliegen wollen, müssen sich also keine Sorgen machen, dass sie nicht mehr nach Hause kommen."
Berliner Senat prüft nach Air Berlin-Insolvenz Hilfsmöglichkeiten
Der Insolvenzverwalter Lucas Flöther übernimmt den Fall Air Berlin nach eigenen Angaben als vorläufiger Sachwalter. Flöther wurde am Dienstag vom Amtsgericht Berlin-Charlottenburg bestellt. Er hatte zuletzt unter anderem den insolventen Fahrradhersteller Mifa aus Sangerhausen in Sachsen-Anhalt gerettet und bei der Pleite des Internetriesen Unister in Leipzig übernommen. Das Land Berlin prüft derweil Hilfsmöglichkeiten für die Mitarbeiter. "Ich gehe davon aus, dass zumindest ein Teil der Arbeitsplätze in Gefahr ist", sagte Arbeitssenatorin Elke Breitenbach. "Wir müssen als Senat rasch zu einer Verständigung darüber kommen, wie wir die betroffenen Kolleginnen und Kollegen unterstützen können." Der Senat werde dazu auch das Gespräch mit der Unternehmensführung sowie den Gewerkschaften suchen. Noch sei es aber zu früh für konkrete Festlegungen.
Der Flughafen Düsseldorf will Air Berlin bei deren Restrukturierungsbemühungen unterstützen. "Gemeinsam mit der Air Berlin konzentrieren wir uns weiterhin darauf, das Fluggeschäft an unserem Standort auch in Zukunft erfolgreich zu gestalten", sagte der Sprecher der Geschäftsführung des Düsseldorfer Airports, Thomas Schnalke, am Dienstag. Der Flughafen stehe in engem Kontakt mit der Airline. Air Berlin ist seit Jahren die wichtigste Fluglinie am Düsseldorfer Airport. Auf sie entfallen nach Angaben des Flughafens rund 30 Prozent des Geschäfts in Düsseldorf. Allein 2016 flogen demnach mehr als 7,5 Millionen Passagiere mit Air Berlin von Düsseldorf aus in die Welt.