Endlich einmal wieder gute Nachrichten - nach all den Problemen wurde es ja auch Zeit! Das Boot, das gestern Mittag vorausgefahren ist, hat es ohne Aussetzer bis nach Thaket geschafft, einer Stadt in Laos etwa 100 Kilometer flussaufwärts. Und wir könnten, wenn alles klappt, in relativ kurzer Zeit ein neues Getriebe bekommen und dann selbst weiter fahren. Sicher ist es aber noch nicht - und so verbringen wir die Zeit in Mukdahan mit Warten. Andy ist aber nicht der Typ, der still herumsitzt. Er stöbert in einem versteckten Winkel der Stadt einen Schmid auf, der ihm das halbe Dutzend verbogener Propeller wieder in Form bringt.
Durch das Auffahren auf Steine zwei Getriebe verschlissen: War es denn wirklich eine gute Idee, mit Außenbordern den Mekong hinaufzufahren? "Die Polizei fährt ja auch damit", sagt Andy und zeigt zum Fluss, wo die thailändischen Zöllner gerade eine symbolische Runde auf dem Mekong drehen. "Sie kennen auf ihrem Abschnitt den Fluss und wissen, wo Steine und Sandbänke liegen." Doch ein paar Kilometer weiter sind auch sie auf Piloten angewiesen, die ihnen den Weg weisen. "Etliche Passagen des Flusses sind aber so wenig befahren, dass wir hier keine Piloten finden konnten", sagt Andy. "Hier mussten wir den Fluss selbst lesen. Normalerweise funktioniert das - man kann erkennen, wo das Wasser fließt und wo der Mekong Sedimente ablagert. 100 Mal funktioniert es. Und ein Mal geht es eben schief."
Dasselbe Boot soll uns ans Ziel bringen
Außerdem gibt es ja die große Idee. "Unser Ziel war es, mit demselben Boot vom Delta des Mekong bis nach China zu fahren und so das zu schaffen, wovon die Franzosen vor 150 Jahren geträumt haben." Mit einem lokalen Boot und einer einheimischem Crew wäre das aufgrund der fehlenden Zusammenarbeit in der Region gar nicht möglich - an jeder Grenze müsste man Schiff und Besatzung wechseln. Die flachen Boote mit Langschaft-Motor, also einem Propeller an einer langen Welle, wären also auch keine Alternative - die Idee der Franzosen ginge verloren. Im Grunde genommen haben wir heute mit ähnlichen Problemen zu kämpfen wie damals die echten Abenteurer: Sie verbrachten viel Zeit damit, sich das Wohlwollen der lokalen Herrscher zu erwerben, um ihr Territorium betreten zu dürfen. Zwar haben sich die Länder entlang des Mekong in den letzten zehn Jahren alle geöffnet, auf dem sie alle verbindenden Fluss allerdings gilt das Prinzip der Abschottung aber weiter. Bis heute sieht man hier; in der florierenden Stadt Mukdahan an der Grenze von Thailand und Laos, keinerlei Schiffe aus China, Kambodscha oder gar Vietnam.
"Ein Fluss wie der Mekong, von dem so viele Menschen abhängen, ist ein ziemlich sensibles Ökosystem. Wir hatten uns bei der Planung der Expedition vorgenommen, der Natur so wenig zu schaden wie möglich", sagt Andy Leemann. Deswegen sind die RIBs mit den leisesten und sparsamsten Motoren ausgestattet, die derzeit auf dem Markt zu bekommen sind. Und es sind Viertakter, bei denen man nicht wie beim Zweitakter ständig Öl nachfüllen muss und die nicht Wolken von Rauch ausstoßen. Diese Motoren laufen wunderbar rund mit 95-Oktan-Benzin - doch in Vietnam, Kambodscha und Laos konnte die Expedition immer nur 92-Oktan-Benzin tanken, das deutlich öliger ist, die Filter des Motors verstopfte und für Verzögerungen sorgte, weil der Außenborder seine Leistung nicht bringen konnte und manchmal ganz ausfiel. "Dass die Motoren so empfindlich sein würden, hätte ich nicht gedacht."
24.000 Euro für einen Motor
Die Entscheidung für die mit 225 PS ziemlich kräftigen Viertakt-Motoren brachte auch noch andere Probleme. Sie sind mit rund 24.000 Euro einfach zu teuer für den asiatischen Markt, wo man die zwar nicht so umweltfreundlichen, aber viel billigeren Zweitakter bevorzugt. "Sogar erfahrene Mechaniker haben einen solchen Motor noch nicht gesehen - vor Ort gibt es einfach keine Ersatzteile", stöhnt Andy. Das neue Getriebe für das liegen gebliebene Boot kommt deshalb aus Spanien - das Team von Andys Yachtcenter auf Mallorca hat es besorgt und ins nächste Flugzeug verfrachtet. Wenn alles gut geht; müsste es heute Abend in Bangkok ankommen - morgen ist dann der Tag der Entscheidung, wie es mit unserer Crew weitergeht.So haben wir den ersten ruhigen Nachmittag seit knapp zwei Wochen und endlich einmal die Zeit, private E-Mails abzurufen. "Touristen finden es langweilig, auf dem Mekong unterwegs zu sein" - dieses Zitat schickt augenzwinkernd ein Freund und Kollege, der in Thailand seine Diplomarbeit geschrieben hat. Ein Beamter des Fremdenverkehrsamtes hat ihm das gesagt. Wir würden den Mann, der Touristen glaubt beraten zu können, gerne einmal kennen lernen. Und würden ihm Geschichten vom Mekong erzählen, die alles andere als langweilig sind.