Auf der Fanmeile Eine Stimmung wie beim Super Bowl – Frankfurt feiert die NFL

Freude über die NFL in Deutschland: Ein Fan macht beim Fanfest in der Frankfurter Innenstadt ein Selfie vor der Vince-Lombardi-Trophy – dem Meistertitel der Liga.
Freude über die NFL in Deutschland: Ein Fan macht beim Fanfest in der Frankfurter Innenstadt ein Selfie vor der Vince-Lombardi-Trophy – dem Meistertitel der Liga.
©  Arne Dedert / DPA
Es ist angerichtet: Zum zweiten Mal binnen sieben Tagen gastiert die NFL in Frankfurt. Es ist der Abschluss der International Games – und in Hessen hat man lange noch nicht genug vom Football.

Es ist früher Samstagmorgen am Hamburger Hauptbahnhof. Müde und mit Kaffee in der Hand stehen zahlreiche Fahrgäste am Bahnsteig 14. Viele von ihnen tragen Pullover, College-Jacken oder Kappen der San Francisco 49ers, New England Patriots, Green Bay Packers und anderen NFL-Teams. Ihr Ziel ist offensichtlich: Frankfurt, an diesem Wochenende erneut das Mekka der deutschen und europäischen Football-Fans. 

Bereits am vergangenen Wochenende duellierten sich hier die Kansas City Chiefs und die Miami Dolphins, eine Partie zweier Spitzenmannschaften. Am Sonntag treffen im Deutsche Bank Park die Patriots auf die Indianapolis Colts. Beide eher in den Niederungen der NFL-Tabelle zu finden – mehr Football-Krampf, denn Football-Klasse, dem Zuschauerandrang tut das aber keinen Abbruch. Drei Millionen Tickets hätten für die Partie verkauft werden können. 50.000 hatten Glück, sie werden die Partie vor Ort verfolgen können.

Sebastian Vollmer ist bereits seit fast zwei Wochen in Frankfurt vor Ort. Der ehemalige NFL-Profi ist das Aushängeschild der Patriots in Deutschland, gewann zweimal den Super Bowl mit dem Team aus Massachusetts. Vollmer ist ein gefragter Mann in diesen Tagen. Im Patriots-Haus in der Frankfurter Innenstadt macht Vollmer Fotos mit Fans, sitzt bei einer Podiumsdiskussion auf der Bühne, zwischendurch ein Flag-Football-Training mit Kindern und Interviews als Experte für RTL. Doch der 39-Jährige hat Spaß, auch weil ihn der Hype um Football in Deutschland freut. "Als ich mit dem Sport angefangen habe, musste ich Highlights der Spiele im Internet suchen und manchmal kam der Super Bowl im Fernsehen", erinnert sich Vollmer. Seit 2014, dem Jahr, in dem er als erster und bis heute einziger Deutscher die Meisterschaft in Nordamerika gewann, habe sich das verändert. "Die Medienaufmerksamkeit war plötzlich da, gekoppelt mit den Live-Übertragungen im Free-TV."

Die NFL fällt auf, den Fans gefällt das

Die NFL expandiert immer weiter auf den internationalen Markt. London machte 2007 den Anfang, mittlerweile gibt es jährlich drei Spiele in der britischen Hauptstadt. München gab im Vorjahr den Startschuss für den deutschen Markt. Dass es dieses Jahr bereits zwei Partien in Frankfurt gibt, ist die Ausnahme – das Stadion in Mexiko, dem dritten Auslands-Spielort der Liga, wird für die Fußball-WM 2026 umgebaut. NFL-Deutschland-Chef Alexander Steinforth hatte bereits im Vorfeld angekündigt, dass es im kommenden Jahr in München wieder nur eine Partie geben wird, der Fokus der NFL liegt woanders. "Aktuell schauen wir uns Brasilien und Spanien für ein Spiel im nächsten Jahr genau an", sagte Steinforth im Interview mit dem stern.

Die Nachfrage nach Football in Deutschland ist groß, die Freude der Spieler, im Ausland spielen zu dürfen, auch. "Viele von ihnen waren noch nie im Ausland. Die waren auf dem College und sind direkt Profi geworden. Da hat man nicht viel Freizeit", erklärt Vollmer, der selbst zwei Mal mit den Patriots in London gespielt hat. Die Kultur, das Essen, die Sprache – all das sei für viele Profis neu. 

"Die Spieler sind Feuer und Flamme", konstatiert der Ex-NFL-Profi. Und dazu komme eine andere Grundeinstellung. "In den USA sagt man sich 'Wie geil, unser Sport wird geteilt und wir bekommen noch mehr Fans', statt zu denken, dass einem ein Spiel weggenommen wird", so Vollmer.

In der Frankfurter Innenstadt zeigt sich, wie groß die Freude auf die NFL in Deutschland ist. Zwischen Roßmarkt und Hauptwache hat die NFL ihr öffentliches Quartier aufgeschlagen. Der Duft von Bratwurst weht durch die Fußgängerzone. Hier stehen riesige Helme der 32 Teams und Spielmöglichkeiten. Es ist eine Lehre, die die Verantwortlichen aus dem Vorjahr gezogen haben: Damals gab es nur die Helme in der Münchner Innenstadt, ein Mini-Football-Feld oder Möglichkeiten, das lederne Ei zu werfen, gab es nur unmittelbar vor dem Stadion am Spieltag. Die NFL fällt auf, den Fans gefällt das. 

In Frankfurt herrscht Super-Bowl-Atmosphäre

Gernot Schwarzmayr steht am Rand des Roßmarkts und schaut auf das Treiben. "In der Stadt herrscht Super-Bowl-Atmosphäre", sagt der Österreicher. Gemeinsam mit drei Freunden ist er am Samstag aus Attersee im Westen Österreichs in den Süden Hessens gereist. Sie hatten Glück beim Ticketkauf, am Sonntag sehen sie das Spiel live im Stadion. Vielen Fans bleibt das verwehrt, aber sie sind dennoch nach Frankfurt gekommen. Wie im Vorjahr wollen sie die deutsche NFL-Luft atmen. Einige haben Glück, auf einer Bühne werden noch letzte Karten verlost. 

Zu wem Schwarzmayr und seine Freunde halten, ist offensichtlich. Alle sind gekleidet in Trikots der Patriots, Schwarzmayr präsentiert das tätowierte Logo des Teams auf seinem Unterarm. Drei Mal war er bereits im Foxborough Stadium, der Heimat der Patriots. "Wenn sie nach Deutschland kommen, kann man sich das nicht entgehen lassen – ist halt auch viel näher."  Die Patriots-Fans haben in der Mainmetropole die deutliche Mehrheit, die Jahre des Erfolgs haben dem Club eine große Anhängerschaft auch in Deutschland beschert. Umso wichtiger sei dieses Wochenende in Frankfurt, betont Sebastian Vollmer. "Sportlich gesehen natürlich, aber auch, weil die Patriots in Deutschland neue Fans hinzugewinnen wollen."

Doch ausgerechnet sein Club enttäuschte Gernot Schwarzmayr auch kurzzeitig. Im Hilton-Hotel hat der Rekordmeister eines seiner Quartiere aufgeschlagen, zeigt dort unter anderem die Trophäen der vergangenen Jahre. Rein kommt nur, wer ein Ticket hat – diese sind seit geraumer Zeit ausgebucht. "Wir hatten ein bisschen mehr erwartet, da wurde man nur durchgeschleust", sagt Schwarzmayr. Die Stimmung aber lassen sich die Österreicher davon nicht verderben, zumal sie sonst vieles positiv sehen. "Das Konzept ist jetzt viel ausgereifter als im Vorjahr", lobt er die Organisation in der Innenstadt.

Nur unweit der vier Österreicher steht Darren Dixie vor einem riesigen Plakat der Indianapolis Colts und lässt Bilder von sich machen. Dixie ist in Fort Wayne aufgewachsen, lebte später in Indianapolis, seine Liebe zu den Colts blieb auch in Alabama, wo er heute lebt. Gemeinsam mit seinen Freunden Howard und Juan hat er die Reise nach Deutschland auf sich genommen – 8000 Kilometer Luftlinie für sieben Tage Deutschland. Erst München, "ein bisschen Sightseeing", dann Frankfurt. Jedes Jahr machen die drei gemeinsam einen Roadtrip, 2016 ging es schon nach London. "Wir haben hier eine wirklich gute Zeit, die Stimmung ist gut und alle sind sehr freundlich", freut sich Dixie. Gespannt sind sie auch auf das Stadion. "Wir haben gehört, dass es groß sein soll, waren aber noch nicht da." Sie haben Business Seats gebucht, beste Sicht auf das Spielfeld und mittendrin in den stimmungsvollen Fans.

Am späten Nachmittag wird es irgendwann ruhiger auf der Fanmeile. Die Attraktionen schließen um 16.30 Uhr, viele Fans stärken sich in Restaurants oder feiern in den Fan-Pubs weiter. Viel Zeit zum Verschnaufen bleibt nicht. Am Sonntag ist ein neuer Tag – und Kick-off in Frankfurt.

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