Ferrari-Reportage Sensible Gasfüße und ein bisschen Schumi

Von Jens Fischer, Maranello
Nach dem Doppelsieg in Bahrain scheint rund um Maranello die Sonne. Fahrern und Teamverantwortlichen ist im Ferrari-Headquarter deutlich anzumerken: Wir sind in Form und in dieser Saison kaum zu schlagen. stern.de hat die Scuderia Ferrari besucht.

Er will mal wieder ganz der "Iceman" sein. Ganz der bekannt schweigsame Finne, unterkühlt, emotionslos, nur fokussiert auf den sportlichen Erfolg. Am Ende musste Kimi Räikkönen dann aber doch ein wenig grinsen. Kein Wunder, war die Bahrain-Performance seines vermeintlich schärfsten Widersachers Lewis Hamilton nun wirklich nicht besonders furchteinflößend. "Lewis merkt als Fahrer ohne große Erfahrung jetzt einfach, wie es ist unter Druck zu geraten. In Bahrain war sein Auto nicht besonders und er musste es pushen ohne Ende. Da kann es schnell passieren, dass man Fehler macht. Auch Lewis", so Räikkönens trockener Kommentar. Um gleich hinterher zu schieben: "Aber mir ist das egal".

Kann es ihm auch. Zu überzeugend war die Vorstellung Ferraris in Bahrain. Räikkönen und sein zuvor schwer unter Druck geratene Teamkollege Felipe Massa fuhren einen sicheren Doppel-Triumph nach Hause. Da konnten die Rivalen von BMW Sauber noch so überraschen und im Qualifying überzeugen - die Rennperformance der beiden Ferrari-Piloten war dem Rest des Feldes letztlich deutlich überlegen.

Der Spirit ist zurück

"Wir hatten einen sehr schwierigen Start in die Saison", gibt Stefano Domenicali, neuer Ferrari-Teamchef und Nachfolger des legendären Jean Todt, zu. "Aber unsere Reaktion nach dem verkorksten Auftakt in Melbourne ging genau in die richtige Richtung. Wir sind zurückgekommen und haben jetzt den richtigen Spirit gefunden", erklärt er gegenüber stern.de. Und fügt süffisant hinzu: "Unser riesiges Potenzial haben wir dabei noch lange nicht ausgeschöpft."

In der Tat hat Ferrari nach Melbourne die Kurve bekommen. Nach dem Wechsel in der sportlichen Leitung - die erfolgsverwöhnten Ikonen Jean Todt, Ross Brawn und Rory Byrne wurden von einem jungen, ehrgeizigen Team rund um Domenicali abgelöst - beginnen die neuen Strukturen zu greifen, jeder arbeitet Hand in Hand, das neue Auto scheint ein Volltreffer zu sein. Auch ein Verdienst von Michael Schumacher, immer noch Ferraris geheimer "spiritus rector" in Sachen Technik und Fahrzeugentwicklung. Und beim Besuch des Ferrari-Testcircuit in Fiorano merkt man: Das Ferrari-Team hat Spaß an der Arbeit und jeder der Mechaniker ist stolz, den beiden Piloten ein bestmöglich funktionierendes Auto präsentieren zu dürfen.

Ausnahmetalent Räikkönen

Noch ein weiterer Umstand spielt Ferrari in die Karten. Mit Räikkönen haben sie einen Piloten, dem die neuen Regeln - weg mit den elektronischen Hilfen wie der umstrittenen Traktionskontrolle - gerade recht kommen. Gilt der Finne doch als Pilot mit herausragendem Talent und Fahrgefühl. Auf Nachfrage von stern.de bestätigt Marc Gene, Ferrari-Testpilot und somit fast täglich im Austausch mit Räikkönen: "Kimi ist für mich der Fahrer mit dem sensibelsten Gasfuß im gesamten Fahrerfeld. Der Wegfall der Traktionskontrolle kommt ihm perfekt entgegen."

Zudem ist der Finne in seinem zweiten Jahr bei Ferrari endlich angekommen - wichtig für einen feinfühligen Menschen wie ihn. "Ich fühle mich hier mittlerweile richtig wohl und verstehe jetzt, wie das Team arbeitet. Im letzten Jahr habe ich noch kaum jemanden gekannt, das war manchmal keine leichte Situation", gibt der mit 19 Punkten Führende der Fahrer-WM zu. Und Massa? Auch der Brasilianer ist nach seinem Bahrain-Sieg aus dem Kreuzfeuer der Kritik. Dazu Domenicali: "Felipe hat dort einen Super-Job gemacht. Meiner Meinung nach haben wir stärkste Fahrer-Duo der Formel 1 - und auch Felipe hat sicher Chancen auf den Titel."

Jedes Rennen anders

Also alles "tutto bene" bei der Scuderia? Im Prinzip schon. Aber auch die Roten sind natürlich wahre Meister in der Kunst des Abwägens und Untertreibens. "Die WM ist noch lange nicht entschieden. Unsere Rivalen von BMW und McLaren-Mercedes sind auch in diesem Jahr wieder äußerst stark. Wir werden an jedem Wochenende kämpfen müssen und eine Top- Performance zeigen, um sie in Schach zu halten", so Räikkönen. Der Anfang will Ferrari in Barcelona machen, beim Grand Prix von Spanien. Die Zeichen stehen auf Erfolg.

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