Kimi Räikkönen ist ein schweigsamer Kerl. Der Finne spricht selten viel. Wenn er denn mal seinen Mund aufmacht, ist es meist ziemlich unmissverständlich. "Der ist mir scheißegal. Es macht für mich keinen Unterschied, ob ich Zweiter, Fünfter oder Zehnter werde. Das bedeutet mir nichts", sagte der Lotus-Pilot am Rande des Rennens in Abu Dhabi angesprochen auf die Immer-Noch-Chance, den Vizeweltmeistertitel in der Formel 1 gewinnen zu können.
Mit Räikkönen, Spitzname "Iceman", ist derzeit nicht gut Kirschen essen. Der aktuell vielleicht beste Formel-1-Fahrer wartet auf sein Gehalt. Sein Jahresgehalt. Angeblich geht es um 17 Millionen Euro. Das Tischtuch zwischen ihm und seinem Lotus-Team ist längst zerschnitten. Räikkönen ist isoliert, aber wer den 34-jährigen Ex-Weltmeister kennt, der weiß, wie herzlich egal ihm das ist.
"Ich will endlich mein Geld sehen", schimpfte Kimi noch vor dem Grand Prix, der für ihn nach nur wenigen Metern wegen eines Startunfalls beendet war. Zur Not wolle er die letzten beiden Rennen in Austin und Sao Paulo sogar boykottieren, um seiner Forderung noch mehr Nachdruck zu verleihen. So war es in Abu Dhabi zu vernehmen.
Auch "Hulk" wartet auf Geld
Ob Räikkönen fährt oder streikt: Das Engagement des Finnen bei den klammen Jungs von Lotus ist nach der Saison eh vorbei. Der letzte Rebell der Formel 1 wechselt den Rennstall und heuert bei Ferrari an. Die Scuderia kennt keine Geldprobleme. Diesbezüglich wird Räikkönen dort keinen Ärger haben. Womit wir mittendrin wären in der aktuellen Finanzproblematik der Königsklasse des Motorsports.
Die Formel 1 ist längst zu einer Zwei-Klassen-Gesellschaft verkommen. Auf der solventen und wohlhabenden Seite stehen vier Rennställe: das Weltmeisterteam Red Bull von Milliardär Dietrich Mateschitz, für den Geld keine Rolle spielt; Ferrari, die Traditionsschmiede aus Italien, die auch dank bester Verträge mit Bernie Ecclestone stets finanziell stark aufgestellt ist; Mercedes, der deutsche Autobauer, der vor allem sein Personal in dieser Saison für den kommenden Angriff auf Red Bull hochkarätig verstärkte; Und McLaren, die britische Formel-1-Marke, die vor allem dank nahender Honda-Partnerschaft ab 2015 gut dasteht. Der Rest? Ist Überlebenskampf.
Räikkönen ist derzeit der Prominenteste, der von der fragwürdigen Zahlungsmoral seines Rennstalls betroffen ist. Der hochveranlagte Deutsche Nico Hülkenberg ein weiteres Beispiel. In der Szene halten sich hartnäckig Gerüchte, dass auch der Sauber-Pilot auf Überweisungen wartet. "Ich wünsche ihm alles Gute und dass er auch mal was aufs Konto bekommt", sagte Weltmeister Sebastian Vettel in Abu Dhabi an die Adresse des Landsmanns. Hülkenberg wird aller Voraussicht nach Sauber verlassen - und zu Lotus wechseln. Vom Regen in die Traufe also? Nicht ganz.
Sauber ist nicht Ferrari
Denn ausgerechnet Räikkönens Noch-Rennstall steht nun vor der Teilübernahme durch einen Investor namens Quantum Motorsports. Die Finanznöte könnten also bald gelindert - und der Weg für eine Verpflichtung Hülkenbergs somit frei sein. Aber noch ist das nicht sicher. Aus finanziellen Gründen gehört neben "Hulk" nämlich auch noch Pastor Maldonado von Williams zu den Nachfolge-Kandidaten von Räikkönen bei Lotus. Der große Vorteil des Venezolaner: Er würde hohe Sponsorengelder für das Team mitbringen. Man spricht von etwa 40 Millionen, die Maldonado mit im Gepäck haben könnte.
Die Formel 1 ist ein Schweinegeschäft, gerade für die Teams, die hinten im Feld dabei sind. Während Red Bull und die anderen Big Player ihr Portemonnaie immer weiter öffnen, versuchen die Kleinen irgendwie über die Runden zu kommen. Auch mit Fahrern, die Geld mitbringen, um Gas geben zu können. Räikkönen hat den Absprung geschafft, auch weil er ein außergewöhnlicher Fahrer ist. Hülkenberg muss vielleicht auch weiterhin um sein Gehalt bangen, selbst wenn es mit dem Wechsel zu Lotus klappen sollte. Weil Lotus nicht Ferrari ist.