Julian Nagelsmann war außer sich. Zum wiederholten Male beschwerte sich der Coach des FC Bayern beim Vierten Offiziellen über eine Entscheidung von Schiedsrichter Matthias Jöllenbeck. Die Konsequenz war, dass Jöllenbeck dem aufgebrachten Trainer die gelbe Karte zeigte. Nagelsmann hatte sich zu of und zu lautstark beschwert. Jetzt war das Maß voll.
Das Ganze geschah kurz vor dem Pausenpfiff in der Allianz Arena, die Bayern führten trotz einer schwachen ersten Halbzeit mit 1:0 gegen den VfL Bochum. Allerdings war die Führung einem Geschenk der Gäste zu verdanken. Deren Außenverteidiger Saidy Janko hatte einen zu kurzen Rückpass auf Torwart Manuel Riemann gespielt, was Thomas Müller zum unverdienten Führungstreffer nutzte.
Nagelsmann braucht Erfolg in der Champions League
Was Nagelsmann im Laufe des Spiels wieder beruhigte: Seine Mannschaft steigerte sich in der zweiten Halbzeit, schoss noch zwei Tore durch Kingsley Coman und Serge Gnabry (Elfmeter, verursacht durch einen gewissen Janko) und gewann verdient mit 3:0 gegen einen Gegner, der nicht mal annähernd an das Niveau der Bayern heranreicht (Hinspiel 7:0). Nagelsmann blieb bis zum Schluss auf der Bank und sah keine zweite Gelbe Karte oder Schlimmeres.
Dennoch war der Trainer mit dem Auftreten seines Teams nicht zufrieden. Besonders in den ersten 45. Minuten hatten die Bayern erneut gezeigt, dass ihnen der von Nagelsmann so benannte "Flow" des vergangenen Jahres fehlte, als sie zehn Spiele in Folge mit wunderbarer Leichtigkeit gewannen.
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Seit Wiederbeginn nach der Winterpause stottert der Motor arg und das macht Nagelsmann Sorgen. Denn es stehen große Aufgaben an. In München zählen sie die Tage bis zum Spiel gegen Paris Saint-Germain im Champions-League-Achtelfinale runter. Es wird die bis dahin wichtigste Partie der Saison. Zwei Mal hintereinander sind die Bayern zuletzt in der Königsklasse im Viertelfinale gescheitert, ein erneutes, frühes Aus könnte das Ende von Nagelsmanns Bayern-Engagement bedeuten. Wenn nicht sofort, dann zum Ende der Saison.
Große Nüchternheit
So gesehen ist es mehr als verständlich, wenn der Trainer unter Druck steht. So tat Nagelsmann nach dem Spiel das, was er als Hauptverantwortlicher der Mannschaft tun muss. Er warnte, in dem er die Wahrheit sagte: "Wenn wir so am Dienstag spielen, wird es nicht reichen weiterzukommen", sagte er. Und weiter: "Wenn wir richtig Vollgas spielen, ist es Fußball, das macht Spaß, wenn ich mich richtig bewege und ein bisschen Enthusiasmus aufs Feld bringe", beschrieb er einen möglichen Ausweg aus dem Formtief, um gleich wieder auf den Boden der Tatsachen zu kommen: "Am Ende ist es dann ein bisschen zu wenig Leben, wir haben jetzt keinen super Flow. Wir sind einen Punkt vorne in der Bundesliga und nicht mehr."
Es scheint also große Nüchternheit angesichts der Form der eigenen Mannschaft beim Trainer zu herrschen. Für ihn werden die nächsten Tage bis zum Spiel gegen die Außenstelle des katarischen Staatsfonds entscheidend sein. Zum Glück für Nagelsmann ist das Team aus der französischen Hauptstadt nicht in Form. Im französischen Pokal flogen es gegen Olympique Marseille raus, in der Liga vermasselte PSG die Gerneralprobe für die Champions League mit einer 1:2-Niederlage gegen den AS Monaco.
Hinzu kommt: Angeblich sollen Kylian Mbappé und Lionel Messi verletzt oder angeschlagen sein. Ihr Einsatz sei fraglich, heißt es. Es wäre ein Vorteil für die Bayern, wenn von den drei Superstars nur Neymar zum Einsatz käme. Doch darauf will sich Nagelsmann nicht verlassen. Er hält die angeblichen Verletzungen für einen Bluff des Gegners. Was bleibt ihm anderes übrig? Er muss mit dem Schlimmsten rechnen.
Mit Material von DPA