Vor dem letzten Länderspiel des Jahres gegen die Niederlande in Hamburg hatte der Bundestrainer versprochen: "Wir wollen das Spiel gewinnen." Und: "Wir wollen unsere Kraft nach vorne ins Spiel bringen". Joachim Löw hat sein Versprechen wahr gemacht. Sein Team zauberte sich mit großartigem Kombinationsfußball gegen die Nummer zwei der Welt zu einem ungefährdeten 3:0-Sieg. Für die Niederlande, die genauso souverän durch die EM-Qualifikation marschiert waren wie die Deutschen, war es eine Vorführung. Die Tore für die deutsche Elf schossen die überragenden Spieler auf dem Platz: Thomas Müller, Miroslav Klose und Mesut Özil.
"Wir können zufrieden sein, nicht nur mit diesem Spiel, sondern mit dem ganzen Jahr. Ich denke, dass wir heute Spielfreude und Leichtigkeit gezeigt haben, das hat die Niederländer auch ein bisschen überfordert", zog Löw eine positive Bilanz.
Nach dem gewagten Dreierketten-Experiment vom Kiew schickte Löw seine Elf in Hamburg wieder im gewohnten 4-2-3-1-System auf das Spielfeld. Den Gedanken an ein weiteres Experiment, nämlich mit zwei Stürmern zu agieren, hatte der Bundestrainer im Vorfeld verworfen. Im Prestigeduell gegen den ewigen Erzrivalen wollte Löw nicht so viel riskieren. Das letzte Spiel des Jahres sollte erfolgreich absolviert werden – das war das Ziel. Das erspart Diskussionen in der länderspielfreien Zeit, die schließlich bis Februar dauert, wenn das Team auf Frankreich trifft. Die Euphorie, die rund um die Mannschaft herrscht, ist Löw durchaus recht.
Leichtfüßige Gala der Deutschen
Was im ersten Durchgang folgte, hätten aber auch die größten Optimisten nicht erwartet: Mit einer leichtfüßigen Gala tanzte die deutsche Elf den ewigen Rivalen aus dem Nachbarland aus, die allerdings mit Arjen Robben, Robin van Persie und Rafael van der Vaart auf drei ihrer stärksten Kräfte verzichten mussten. Die Rückkehr zur gewohnten Taktik war wie das Anziehen eines Maßanzuges, der perfekt sitzt: Kein Faltenwurf störte das beeindruckende Bild, das die Deutschen an diesem Abend auf dem Hamburger Rasen zeigten. Nur in den ersten zehn Minuten war das Spiel ausgeglichen. Klose setzte nach exakt einer Minute das erste Ausrufezeichen mit einem Schuss ans Außennetz, aber das Team von Bondscoach Bert van Marwijk versuchte sich ebenso in zaghaften Offensivbemühungen. Ein Patzer des verunsicherten Per Metesacker, der immer noch offiziell den Titel "Abwehrchef" trägt, ermöglichte den Holländern eine gute Möglichkeit, aber der stramme Querpass von Schalkes Torjäger Klaas-Jan Huntelaar fand keinen Abnehmer (3.). Es folgte noch ein Distanzschuss von Wesley Sneyder (7.) – dann versiegte das Angriffsspiel der Gäste weitestgehend. Nur der Hoffenheimer Ryan Babel sorgte mit seinen Aktionen für ein wenig Offensivdrang, aber seine Flanken und Pässe wurden von der deutschen Abwehr souverän abgeräumt.
Der Rest war eine Vorführung: Defensiv stand die Mannschaft von Löw bis auf zwei Wackler von Mertesacker sicher. Sami Khedira ging den Niederländern, die schnell jegliche Lust an diesem Spiel verloren, mit seiner Lauf- und Einsatzbereitschaft wahrscheinlich gewaltig auf die Nerven. Selbst im eigenen Strafraum unterband der Real-Madrid-Mann eine potentiell gefährliche Situation, in dem er Huntelaar den Ball vom Fuß spitzelte, um gleich wieder einen Konter einzuleiten. Sogar Mertesacker brachte jetzt das Kunststück fertig, eigene Fehler wieder auszubügeln.
Höhepunkt war das dritte Tor
In der Offensive spielten Thomas Müller, Mesut Özil und der vor Spiellaune sprühende Miroslav Klose schlicht überragend. Toni Kroos hielt das Gebilde kongenial zusammen. Sicher, die Holländer standen bei den ersten beiden Toren durch Müller (15.) und Klose ( 27.) zu weit weg von ihren Gegenspielern. Aber bei der Kombinationsstärke, Ball- und Passsicherheit der Deutschen war das auch nicht so leicht. Der Gegner versuchte es stattdessen mit robusten Attacken auf den Nerv des deutschen Angriffszentrum, aber auch drei harte Fouls am agilen Klose konnten der DFB-Elf die Spiellaune nicht verderben.
Den Höhepunkt des gelungenen Abends sparte sich die deutsche Kombinationsmaschine für die zweite Halbzeit auf. Edson Braafheid drosch im Mittelfeld über den Ball, Müller nutzte die Gelegenheit, passte auf Özil, der den Ball nach einem zweifachen Doppelpass mit Klose auf engstem Raum ins Tor trug (66.). Holland lag am Boden und Özil zeigte statt eines ausgelassen Jubel eher ein gelassen-glückliches Lächeln nach diesem Coup. Die verbleibenden 25 Minuten nutzte Löw für einige Wechsel. Mario Götze, Benedikt Höwedes oder Marco Reus durften noch mitspielen und den ungefährdeten Sieg über die Zeit tragen.