Bayern-Torwart Manuel Neuer Endlich geliebt

Von Klaus Bellstedt, Madrid
Nach zwei gehaltenen Elfmetern und einer überragenden Leistung im Spiel gegen Real Madrid ist Manuel Neuer bei den Bayern angekommen - auch bei den Fans. Die Distanz ist weg. Das war nicht immer so.

Oliver Kahn hielt im Champions-League-Endspiel gegen den FC Valencia gleich drei Elfmeter - und wurde so zum Matchwinner für die Bayern. Der Torwart-Titan genießt in München seitdem Kultstatus. Ob es für Manuel Neuer jemals soweit kommen wird, ist schwer vorstellbar, aber seit dem famosen Auftritt des deutschen Nationaltorhüters im Jahrhundertspiel gegen Real Madrid ist die Chance darauf jedenfalls nicht gesunken. Im Gegenteil: Münchens Keeper hat sich mit seinem Auftritt in die Herzen der Bayern gespielt.

Seit dieser Saison steht der 26-Jährige in München zwischen den Pfosten. Der Wechsel von Schalke im vergangenen Sommer stand für den sensiblen Torwart von Anfang an unter keinem guten Stern. Verschiedene Ultra-Gruppierungen der Bayern feindeten Neuer immer wieder an. Der Grund lag weit zurück: Am 25. April 2009 gewann Schalke durch ein Kopfballtor von Halil Altintop 1:0 in München. Und nach dem Abpfiff entlud Neuer sein Rest-Adrenalin wie 2001 Oliver Kahn - bei der Last-Minute-Meisterschaft gegen Schalke.

Idiotische Verhaltensregeln

Den ausgelassenen Jubel mit der Eckfahne in ihrer Arena empfanden viele Bayern-Fans als Unding und maßlose Frechheit. Und dann war Neuer zu Beginn der Saison plötzlich ein Roter - das wollten die Ultras so nicht hinnehmen. Die Proteste gipfelten in der Formulierung eines völlig absurden Verhaltenskodexes. Nur wenn Neuer sich "an die besprochenen Regeln und eine respektvolle Distanz" halte, werde es keine weiteren organisierten Proteste und Aktionen geben, so die Anhänger. Unter anderem wurde dem Keeper verboten, sich der Fankurve zu nähern und vor die Mannschaft zu knien, um das berühmte "Humba"-Lied zu intonieren.

Das war einmal. In der Jubel-Nacht von Madrid skandierten erstmals seit dem Wechsel von Neuer nach München die mitgereisten Fans seinen Namen. Die 5.000 Bayern-Anhänger forderten ihren Torwart sogar auf, vor das Team zu treten und den Vortänzer zu geben. Und Neuer ließ sich nicht lange bitten. Nach den beiden gehaltenen Elfmetern gegen Ronaldo und Kaka und weiteren starken Paraden aus dem laufenden Spiel ist das Eis nun endlich gebrochen. Neuer ist einer von ihnen. Für die Verantwortlichen bei den Bayern war er das schon immer. Aber auch sie stimmten nach dem Elfmeterdrama ganz neue Lobeshymnen auf ihren Torwart an.

Privatduell mit Ronaldo

"Ich liebe Manuel Neuer. Nicht nur wegen den zwei gehaltenen Elfmetern, sondern auch weil er so überragend ist", meinte nach dem Spiel beispielweise Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge. Neuer selbst blieb in der Stunde seines persönlichen Triumphes gewohnt bescheiden: "Ich wollte unbedingt die Elfmeter halten. Aber da spielt natürlich auch das Glück eine Rolle." Ja, Elfmeterschießen ist immer ein Glücksspiel, aber auf welche Art und Weise der Nationalkeeper vor allem den Schuss von Cristiano Ronaldo aus der Ecke kratzte, war beeindruckend. Das sah hinterher auch der Bundestrainer so. "Manuel Neuer war überragend. Er hat sich sehr groß gemacht und vor allem den Elfmeter von Ronaldo überragend gehalten. Das war eine Weltklasse-Leistung."

Mit Ronaldo hatte sich Neuer zuvor ein Privatduell geliefert. Gleich drei Mal feuerte Reals Superstar seine gefürchteten Freistöße ab, aber es schien fast so, als hätte sich Bayerns Torwart an diesem Abend einen Brustpanzer unter sein Trikot geschnallt. Die Bälle prallten einfach nur ab, oder Neuer fing sie gleich ganz. "Es ist fantastisch. Wir sind nicht ganz unverdient ins Finale eingezogen und waren in beiden Spielen gegen Real mindestens auf Augenhöhe." Ein Wort zu seiner eigenen Leistung war dem Mann partout nicht zu entlocken. Auch das macht den Goalie, der im Hexenkessel von Madrid zudem mit viel Ruhe und Ausstrahlung glänzen konnte, sympathisch. Manuel Neuer und Bayern München - in Madrid um kurz vor Mitternacht ist endgültig zusammengewachsen, was eigentlich schon seit Anfang dieser Saison zusammengehört.

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