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Bundesliga

P. Köster: Kabinenpredigt Uli Hoeneß tut alles dafür, seinen Ruf selbst zu beschädigen

Uli Hoeneß verliert das Gespür für Volkes Meinung
Tut sich weiterhin schwer mit Kritik: Bayern-Boss Uli Hoeneß schadet sich so selbst am meisten,
© Alexander Hassenstein / Bongarts / Getty Images
Kritik anzunehmen, ist Uli Hoeneß' kaum möglich. So war es auch jetzt während der Jahreshauptversammlung des FC Bayern wieder. Mit seinen erratischen Auftritten schadet er sich und seinem Ruf selbst am meisten.

Dreimal musste Uli Hoeneß ansetzen, dann brachte er den lateinischen Sinnspruch endlich unfallfrei über die Lippen. Mit der deutschen Übersetzung "Hättest du geschwiegen, wärest du ein Philosoph geblieben“ wollte der Bayern-Präsident auf der Jahreshauptversammlung einen aufmüpfigen Fan zur Raison bringen. Was nicht gelang, das Auditorium antwortete mit lauten Buhrufen. Und es gehört zur tragischen Note dieser Tage, dass dieser Spruch am Ende auf niemanden besser passt als auf Uli Hoeneß selbst.

Uli Hoeneß hat in den letzten Wochen und Monaten alles dafür getan, seine Verdienste und Meriten, seinen Ruf als erfolgreichster Bundesliga-Manager der Historie nachhaltig zu beschädigen. Durch Fehlentscheidungen, durch bizarre Konflikte mit Medien und Ex-Spielern, aber auch durch einen arroganten und starrsinnigen Gestus, der eigentlich nicht zu Uli Hoeneß passt.

Uli Hoeneß verliert Gespür für Volkes Meinung

Da sind einerseits zahlreiche Entscheidungen der letzten Monate, die nicht allein, aber eben auch auf dem Mist des Klubpräsidenten gewachsen sind. Das hartnäckige Festhalten an der Fiktion, Jupp Heynckes könne doch noch seinen Vertrag verlängern. Die Nibelungentreue zu den alternden Recken Robben und Ribéry. Und natürlich die Installierung des völlig überforderten Rookies Hasan Salihamidzic auf der Schaltstelle des Sportdirektors. Hinzu kommt die völlig unklare strategische Ausrichtung: Mal prahlte Hoeneß mit der klubeigenen Nachwuchsförderung als strahlender Antithese zu den dicken Brieftaschen der Konkurrenz aus Paris und Manchester. Mal kündigte Hoeneß an, nächstes Jahr seinerseits so richtig in auswärtige Spieler zu investieren. Was denn nun, fragten sich viele Beobachter.

Philipp Köster: Kabinenpredigt

Philipp Köster, Jahrgang 1972, ist Gründer und Chefredakteur des Fußballmagazins "11 Freunde". Er sammelt Trikots und Stadionhefte, kennt den rumänischen Meister von 1984 und kann die Startelf von Borussia Dortmund im Relegationsspiel 1986 gegen Fortuna Köln auswendig aufsagen: Eike Immel, Frank Pagelsdorf, Bernd Storck, ... Außerdem ist er Autor zahlreicher Fußballbücher, unter anderem über die Geschichte der Fußball-Bundesliga, und wurde 2010 als "Sportjournalist des Jahres" ausgezeichnet. Vor allem ist er Anhänger der ruhmreichen Arminia aus Bielefeld.

Und da sind die zunehmend erratischen öffentlichen Auftritte, die Hoeneß früher mit Bravour und feinem Gespür für Volkes Meinung absolviert hat, und die inzwischen wie groteske Karikaturen herüberkommen. Dass eine Pressekonferenz, auf der die Bayern eigentlich mit der diabolischen Presse abrechnen wollten, in jedem Jahresrückblick in der Comedy-Sparte laufen wird, war vor allem Hoeneß' Schuld, der nahezu im gleichen Atemzug Respekt einforderte und seinen Ex-Spieler Juan Bernat abwatschte.

Tadelloser Ruf? Da erntet Hoeneß ungläubige Blicke

Anstatt sich aber nun zu korrigieren und zumindest gegenüber jenen, die ihm über viele Jahre die Treue gehalten und seine Machtbasis gesichert haben, demütig zu zeigen, schaltete er auch auf der Jahreshauptversammlung wieder in den Attacke-Modus. Hochmütig und starrsinnig, wie ein Oberlehrer vor der Untersexta saß Hoeneß auf dem Podium und kanzelte die Kritik der Mitglieder ab.

Eine Taktik, die womöglich früher noch funktioniert hätte. Damals, als Hoeneß noch als moralisches Gewissen der Nation galt und in Talkshows mit erhobenem Zeigefinger über Ethik im Alltag dozierte. Heute funktioniert das nicht mehr. Nicht nach Steuerprozess und Gefängnis. Und nicht nach den verbalen Ausfällen der letzten Monate. Wenn Hoeneß wie am Sonntag von seinem "tadellosen Ruf als Manager, Vorstand und Präsident" spricht, erntet er dafür nur ungläubige Blicke, ebenso wie für den durchschaubaren Versuch, seine auf der Jahreshauptversammlung stürmisch beklatschten Kritiker als weltfremde Sektierer darzustellen.

Arroganz statt Argumentation

Dabei hätte Hoeneß seinen Kritikern einiges entgegnen können. Dass es in der Tat ein bisschen merkwürdig ist, ausgerechnet Paul Breitner als moralische Leitfigur zu glorifizieren. Und dass der Kader des FC Bayern nicht nur  aus alterschwachen Frühpensionisten besteht, die vor dem Spiel mühsam die Stütztstrümpfe hochziehen.

Stattdessen setzte Hoeneß auf Arroganz. Man kann dieses Schauspiel, diese Selbstdemontage eines mächtigen Mannes, mit Häme und Schadenfreude betrachten. Man kann aber auch prophezeien, dass das nicht mehr lange gut geht. Will der FC Bayern seine nationale Führungsrolle behalten, muss er an der Spitze handlungsfähig sein. Mit einem Vorstandsvorsitzenden, der im globalisierten Konkurrenzkampf einen Blick fürs Wesentliche hat. Und mit einem Aufsichtsratsvorsitzenden, der sich nicht in nutzlose Konflikte verstrickt und Kritik für Majestätsbeleidigung hält.

Ob sich Hoeneß korrigieren kann? Falls ja, ist Hoeneß für den Klub immer noch wichtig. Als Strippenzieher und Impulsgeber. Falls nicht, sollte er sich an einen alten, aber stets aktuellen lateinischen Sinnspruch erinnern.

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