Es war ein großer Schock für viele, als der dänische Nationalspieler Christian Eriksen bei dem Spiel Dänemark gegen Finnland bei der Fußball-EM vergangenen Sommer plötzlich mitten auf dem Rasen einen Herzstillstand erlitt. Er wurde vor Ort wiederbelebt und konnte sich glücklicherweise erholen. Doch lange stand die Frage im Raum, ob Eriksen überhaupt wieder Profi-Kicker sein könnte. Nun spielt er beim Premier League-Verein Brentford in England.
Zum Start bei seinem neuen Klub gab der 29-Jährige dem FC Brentford ein erstes Interview. Hier erzählte er, dass er seinen Herzstillstand hinter sich lassen wolle und sich auf den Fußball konzentrieren wolle. In den nächsten vier, fünf Monaten wolle er wieder auf Profi-Niveau und "zeigen, dass ich wieder der Fußballspieler bin".
Christian Eriksen: Liebe zum Fußball nie verschwunden
Er habe mit seinem neuen Verein ein "gutes Gefühl". Der FC sei bei seiner Karriere die "beste Option". "Es ist bisher ein perfekter Mix". Auch London, wo der Klub beheimatet ist, sei ein guter Ort für seine Familie. Eriksen sprach von einem guten Start bei den "Bienen", wie sich der englische Verein nennt.
Sein Herzstillstand habe ihn zu einem noch besseren Familienmenschen und Vater gemacht, so Eriksen: "Der Fokus liegt jetzt mehr auf ihnen als auf mir." Er verbringe noch mehr Zeit mit der Familie. Sie verstünden aber, dass es ihm sehr wichtig sei, wieder Fußball zu spielen. Eriksen bezeichnete das als "Win-Win-Situation".
Die lange Zeit, in der er nicht kicken konnte, sei für ihn schwierig gewesen, besonders die ersten Monate nach dem einschneidenden Erlebnis. In der ersten Zeit habe er nur Fußballspiele sehen können, obwohl er gerne dabei gewesen wäre. "Vor ein paar Monaten habe ich wieder angefangen. Ich habe den Ball berührt, ich war auf dem Fußballplatz, habe das Gras gerochen, Fußballschuhe. Da kam die Aufregung wieder: Spiele gucken, in einem Stadion sein, in einem Team zu sein." Seine Liebe zum Fußball sei aber nie verschwunden.
"Freue mich, zu zeigen, dass man nach Herzstillstand wieder spielen kann"
"Ich fühle mich sehr gut", versicherte der dänische Profi. Man werde aber mit dem Training sehen, wie sich sein Zustand entwickle und wie sein Körper reagiere. "Ich werde sicherstellen, dass ich so fit wie möglich und in guter Form bin."
Sein Ziel sei es, nicht mehr nur mit seinem Herzstillstand, sondern mit seiner Profikarriere als Fußballer in Verbindung gebracht zu werden. Er habe grünes Licht von seinen Ärzten bekommen, dass er spielen könne. "Natürlich werde ich das immer mit mir tragen und alle werden sich an das erinnern, was das letzte Mal passiert ist. Aber jetzt ist es Zeit, neue Erinnerungen zu schaffen und nach vorne zu schauen. Ich freue mich darauf, zu zeigen, dass man mit einem ICD (implantierter Defibrillator) und nach einem Herzstillstand, wenn man die richtigen Tests macht und alles okay ist, wieder spielen kann."
Jetzt gehe es aber darum, wieder zu spielen. "Es waren sechs Monate des Wartens und harter Arbeit, um dahin zu kommen, wo ich jetzt bin." Eriksen wolle "so gut wie möglich" sein. "Ich werde mich selbst pushen und mich verbessern, wo ich kann. Schauen wir, wie es läuft und was passiert." Sein Fokus liege nun darauf, fit zu sein und 90 Minuten in einem Match zu spielen.

Brentford-Trainer begeistert von Transfer
Der 109-fache dänische Nationalspieler hatte beim Londoner Erstligaaufsteiger zunächst einen Vertrag bis zum Sommer unterschrieben. Der dänische Fußball-Nationalspieler muss wohl allerdings noch auf sein Comeback warten. "Es ist schwer zu sagen, wann er so weit sein wird", sagte Trainer Thomas Frank von Eriksens neuem Club FC Brentford am Donnerstag in London. Er hoffe auf wenige Wochen, "aber ich weiß es nicht", sagte der Däne. Er könne mehr sagen, wenn er Eriksen erstmals im Training gesehen habe. Am Montag absolvierte Eriksen sein erstes Training. Eriksen hatte sich bei Brentford zuvor umfassenden medizinischen Untersuchungen unterziehen müssen.
Der Trainer zeigte sich von dem Wechsel begeistert. "Es ist vielleicht der größte Transfer der Geschichte für den Klub", sagte er. "Wir haben es geschafft, und das ist fantastisch." Frank erinnerte an Eriksens herausragende Leistungen beim Londoner Erstligisten Tottenham Hotspur, für den der Mittelfeldspieler zwischen 2013 und 2020 aktiv war. "Ihr habt ihn als einen der Besten in der Premier League erlebt, und was im Juni mit ihm passiert ist, war ein Schock für uns alle. Der Tag, an dem er zurückkehrt, wird sehr emotional sein", sagte Frank.
Nationaltrainer will nicht über Eriksen-Einsatz spekulieren
Der Druck, der anderswo von Tag eins an geherrscht hätte, dürfte bei dem Premier-League-Aufsteiger bei allen Erwartungen niedriger sein. "Hier kann er in Ruhe zu seinem alten Niveau zurückfinden", schätzte der dänische Fußballexperte Mikkel Bischoff vom Sender Discovery ein.
Bei Brentford stehen zudem viele weitere Dänen unter Vertrag, darunter mehrere, die Eriksen aus dem Nationalteam kennt. Das dürfte die Eingewöhnung ebenso erleichtern wie die Tatsache, dass er unter dem dänischen Brentford-Coach Thomas Frank schon als Jugendlicher in der dänischen U17 gespielt hat.
Hinzu kommt, dass die Premier League nach wie vor der größte Schauplatz des internationalen Fußballs bleibt – und den braucht Eriksen, um einem übergeordneten Ziel näherzukommen. "Mein Ziel ist es, bei der WM in Katar dabei zu sein. Ich will spielen", hatte er vor wenigen Wochen dem dänischen Rundfunksender DR in seinem ersten Interview seit dem EM-Kollaps gesagt. Einfach wird das angesichts der Leistungsdichte beim EM-Halbfinalisten Dänemark nicht.
Für Nationaltrainer Kasper Hjulmand ist es noch zu früh, über eine Rückkehr von Eriksen zu spekulieren. "Ich habe immer gesagt, dass Christian auf seinem höchsten Niveau für alle Mannschaften in Europa spielen kann, und das meine ich immer noch", wurde er am Montag vom dänischen Rundfunk zitiert. Eriksen sei nicht verletzt gewesen, unterstrich der frühere Mainz-Coach. "Deshalb glaube ich fest daran, dass er sein Niveau finden kann. Und ich denke vielleicht sogar, dass Christian noch besser werden kann."