VG-Wort Pixel

Transfer-Exzess Der FC Chelsea wirft mit Geld um sich, weil er ein Regel-Schlupfloch schamlos ausnutzt

Argentiniens Enzo Fernández wurde zum besten Nachwuchsspieler der Weltmeisterschaft ausgezeichnet
Argentiniens Enzo Fernández wurde als bester Nachwuchsspieler der Weltmeisterschaft ausgezeichnet, jetzt wechselt er für die Wahnsinnssumme von 121 Millionen Euro zum FC Chelsea
© Tom Weller / DPA
Der FC Chelsea hat in der Winter-Transferperiode unglaubliche 300 Millionen Euro für neue Spieler ausgegeben. Möglich ist das, weil der Londoner Verein ein Schlupfloch in den Finanzregeln der Uefa schamlos ausnutzt. Dafür geht er ein hohes Risiko ein.

Enzo Fernández wurde bei der Weltmeisterschaft 2022 in Katar als bester Nachwuchsspieler des Turniers ausgezeichnet. Der 22-jährige Argentinier darf also als vielversprechendes Talent gelten. Ihn zu verpflichten, ist demnach eine sinnvolle Investition in die Zukunft. Das dachte sich auch der FC Chelsea und holte den Mittelfeldspieler von Benfica Lissabon in der Winter-Transferperiode für 121 Millionen Euro. Das ist ein neuer Rekord in der Premier League. Bisher hatte den Manchester City mit 118 Millionen Euro für Jack Grealish gehalten.

Fernández ist nicht das einzige vermeintliche Supertalent, dass der Londoner Verein mit der schier unerschöpflichen Finanzkraft verpflichtete. Für den Ukrainer Mychajlo Mudryk spendierten Klub-Besitzer Todd Boehly und seine Investorengruppe Clearlake Capital eben mal 100 Millionen Euro. Insgesamt gab der Premier-League-Klub über 300 Millionen Euro allein im Winter aus. Den Sommer mit eingerechnet investierte Chelsea rund 600 Millionen Euro. Das ist mehr Geld, als die gesamte Bundesliga diese Spielzeit zusammen ausgegeben hat.

Der FC Chelsea nutzt Schlupfloch bis zum Exzess

Doch wie sind solche Summen angesichts des angeblichen Financial Fairplays überhaupt möglich? Seit April 2022 gelten neue Regeln des europäischen Fußball-Verbandes Uefa. Die heißen nun Financial Sustainability (Finanzielle Nachhaltigkeit) und sollen strenger sein. (Bislang galt die Faustregel, dass ein Verein nicht mehr ausgeben darf, als er einnimmt).

Die beiden wichtigsten Regeln lauten: Ab 2025 dürfen Vereine maximal 70 Prozent ihrer Einahmen in Spielergehälter, Beraterhonorare und Transfers stecken. Bis dahin wird gestaffelt, 2023 sind es 90 Prozent, 2024 80 Prozent. Und ein Defizit von 20 Millionen Euro zwischen Einnahmen und Ausgaben darf ein externer Investor pro Jahr ausgleichen.

Doch die Financial Sustainability bietet ein Schlupfloch, das von Chelsea bis zum Exzess genutzt wird. Noch ist es Vereinen erlaubt, die Transfersumme über die Laufzeit des Vertrages zu strecken. Soll heißen: Kostet ein Spieler 50 Millionen Euro und erhält einen Vertrag für fünf Jahre, werden in der jährlichen Bilanz zehn Millionen Euro für die Transfersumme verrechnet.

Extrem hohes Risiko

Das ist der Grund, warum Fernández und Mudryk jeweils mit einem Vertrag über achteinhalb Jahre ausgestattet wurden. Die Transfersumme von 121 Millionen Euro für Fernández schlägt also, verrechnet über achteinhalb Jahre, nur mit 14,2 Millionen Euro in der Jahresbilanz zu Buche. So hält Chelsea offiziell die Financial Sustainability-Regeln der Uefa ein. Auch andere Spieler erhielten entsprechend lange Kontrakte. Im Sommer will die Uefa die Regelung modifizieren, ab dann ist eine Streckung über maximal fünf Jahre möglich.

Für Chelsea ist das sehr riskant. Der Klub ist mehr denn je auf die Qualifikation für die Champions League angewiesen, um die Investitionen wenigstens halbwegs zu refinanzieren. Angesichts des 10. Tabellenplatzes, zehn Punkten Abstand auf einen Champions-League-Platz und der zum Teil schwachen Leistungen in dieser Saison kein leichtes Unterfangen. Der Druck, der auf dem Team um Trainer Graham Potter lastet, ist größer geworden. Zudem ist der Verein darauf angewiesen, dass die Spieler sie Summen wert sind und sich die Investition auszahlt. Wenn nicht, haben Verein und Investor einen Haufen Geld verbrannt. Was passiert, wenn das Konsortium um Boehly die Lust an den Blues verliert? Dann würde Chelsea ziemlich blank dastehen.

Mehr zum Thema

Newsticker